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Bundestag Bundestag: Gesetz gegen Nachstellen soll Stalking-Opfer schützen

30.11.2006, 16:39
Stalking: Was mit harmlosen Liebeserklärungen anfängt, kann zu Psychoterror werden. (Foto: dpa)
Stalking: Was mit harmlosen Liebeserklärungen anfängt, kann zu Psychoterror werden. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Berlin/dpa. - Das vom Bundestag am Donnerstag beschlossene Gesetzschafft erstmals einen eigenen Straftatbestand gegen so genannteStalker und will deren Opfer besser schützen. Der Strafrahmen liegt zwischen drei Monaten und zehn Jahren. Betroffen von dem zermürbendenPsychoterror sind nicht nur Prominente, sondern auch viele normaleBürger. Die meisten Opfer von Stalking (englisch für anschleichen)sind Frauen, deren Ex-Partner sich mit der Trennung nicht abfindenwollen. Die Opposition kritisierte den Opferschutz als unzureichend.

Bundesjustizminister Brigitte Zypries (SPD) sagte in derBundestagsdebatte: «Stalking ist keine Privatsache, ist keine Sachevon verschmähten Liebhabern, sondern strafwürdiges Unrecht.» Bei derUmsetzung hänge jetzt viel von Polizei und Staatsanwaltschaft ab. Siewünsche sich Schulung und Fortbildung, sagte Zypries. Man müsse übermehr Verständnis zu einem besseren Schutz der Opfer kommen. Die CDU-Abgeordnete Ute Granold bezeichnete Stalking als Massenphänomen.Jeder achte sei schon betroffen.

Das Gesetz wurde mit Mehrheit der großen Koalition gegen dieStimmen der Opposition angenommen. Die neue Bestimmung ergänzt dasGewaltschutzgesetz und schließt Strafbarkeitslücken. Durch eineÄnderung der Strafprozessordnung wird zudem eine «Deeskalationshaft»für gefährliche Stalker möglich. In das Strafgesetzbuch wird derParagraf 238 «Nachstellung» eingefügt. Mit Freiheitsentzug bis zudrei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer Menschen unbefugtnachstellt, sie per Telefon terrorisiert, Waren für sie bestellt oderihr Leben bedroht. Diese Taten werden in der Regel nur auf Antragverfolgt. Verursacht ein Stalker den Tod seines Opfers, kann er mitbis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Bestimmungenerfassen auch Angehörige und dem Opfer nahe stehende Menschen.

Das Gesetz ist ein Kompromiss zwischen Bundesregierung undBundesrat. Dem 2005 von Rot-Grün vorgelegten Entwurf hatte der vonder Union dominierte Bundesrat einen schärferen Entwurfentgegengestellt. Erst nach der Neuwahl fand die große Koalition zueiner Lösung.

Die Opposition begrüßte grundsätzlich das Vorgehen gegen Stalker,hielt aber die beschlossenen Maßnahmen für unzureichend. DerParlamentarische Geschäftsführer der FDP, Jörg van Essen, brachteverfassungsrechtliche Bedenken vor. Das Gesetz enthalte ein Fülle vonunbestimmten Rechtsbegriffen. Die Grünen-Abgeordnete IrmingardSchewe-Gerigk, sagte, das Gesetz gewährleiste keinen ausreichendenSchutz, weil die Opfer auf den Weg der Privatklage verwiesen würden.Damit seien sie wieder auf sich allein gestellt. Auch der Links-Politiker Jörn Wunderlich lehnt den von der Regierung begangenen Wegab und plädierte wie die FDP für eine Erweiterung desGewaltschutzgesetzes.

Bedenken gegen den Gesetzentwurf hatten im Vorfeld auch dieVertreter der Medien vorgetragen. Sie befürchten, dass Journalistenwegen hartnäckiger Recherchen unter Stalkingverdacht geraten könnten.Van Essen teilte diese Befürchtungen. Schewe-Gerigk vermisste eineAusnahmeregelung für Journalisten. Zypries wies die Besorgnissezurück. «Wer sich presserechtliche korrekt verhält, ist kein Stalkerund der fällt auch nicht unter den neuen Straftatbestand.» Es gebedeshalb keinen Grund für eine Ausnahmeregelung. Die neue Vorschrifterfasse nicht die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit. DieGrenze zur Strafbarkeit werde erst dann überschritten, wenn sich einVerhalten gegen die Grundrechte der Opfer richte und derenLebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtige. Ein solches Verhaltenvon Journalisten verdiene keinen Schutz. «Wir wollen keine Paparazzi-Klausel.»