Bundestag Bundestag: Debatte über einen «Quartals-Säufer»
Berlin/MZ. - Umweltminister Jürgen Trittin blieb in der Bundestagsdebatte am Donnerstag um seine Person wenig erspart. Zwar stimmte die Mehrheit des Parlaments gegen seine Abwahl. Theo Waigel (CSU) aber verglich ihn mit einem "Quartals-Säufer". Guido Westerwelle (FDP) zitierte aus einem Interview mit dem Grünen-Vorsitzenden Fritz Kuhn. Der "Stern" fragt: "Die SPD sagt, Trittin ist ein ,bekloppter Idiot'." Kuhn antwortet: "Das habe ich in der Kombination noch nie gehört." Da wieherte der Saal.
SPD und Grüne schützten Trittin nur halbherzig. Nachdem Unions-Fraktionschef Friedrich Merz bei Trittin "ein tief verwurzeltes Freund-Feind-Denken" diagnostiziert hatte, traten sein SPD-Widerpart Peter Struck und die grüne Fraktionschefin Kerstin Müller ans Pult. Nur sprachen sie nicht über den Gescholtenen, sondern über die Attacken auf Johannes Rau und Helmut Kohls schwarze Kassen. Ablenkungsmanöver.
Dennoch kam der grüne Bundestagsabgeordnete Oswald Metzger zu dem Schluss: Die Union hatte mehr Mühe als ich dacht." Dass es für CDU und CSU nicht lief wie geschmiert, hatte zwei Gründe. Die Koalition verteidigte hartnäckig ihr Verständnis des Nationalen. Merz sagte: "Wer den Rechtsextremismus bekämpfen will, darf sich von der Nation nicht distanzieren." Die Deutschen müssten unverstellt stolz sein dürfen auf ihr Land. Struck und Müller hielten dagegen. "Ihre Sprüche lässt sich eine bestimmte Klientel auf den Arm tätowieren", befand Struck. Die Skinheads. Müller: "Das völkische Wir grenzt aus." Der deutsche Nationalstolz könne nicht so beschaffen sein wie der anderer Völker - wegen Auschwitz.
Trittins Glück trägt zudem einen Namen: Werner Müller, Wirtschaftsminister. Zur Überraschung aller nämlich ging ausgerechnet der einzige parteilose Minister ans Mikrofon. Und was tat er? Er verteidigte den Kabinettskollegen. Die Opposition nannte er "bemerkenswert selbstgerecht". Für das Verbrecherplakat mit dem Gesicht des Bundeskanzlers habe sich die CDU bis heute nicht entschuldigt. Trittins Äußerungen seien spontan gewesen, so Müller, das Verbrecherplakat hingegen eine "geplante Diffamierung". Der Minister: "Ihr Antrag auf Entlassung wäre nachvollziehbar, wenn Sie vorher Herrn Meyer entlassen hätten. Ich möchte die Zusammenarbeit mit Herrn Trittin nicht missen." Der stehe zu Kompromissen, etwa in der Atomfrage, selbst wenn er von der eigenen Klientel gescholten werde. Der Wirtschaftsminister schloss: "Konzentrieren Sie sich auf die Sacharbeit, damit wir stolz sein können auf die Opposition." Begeisterung brach sich bahn. Auf der Regierungsbank und auch andernorts.
Ja, Trittin hat in Werner Müller einen Freund gefunden - einen Freund in allerletzter Minute. Dies rührte selbst das Parlament.