Bundesregierung Bundesregierung: Zwischen Hartz IV und «Bürgergeld»
MAGDEBURG/BERLIN/MZ. - Im "Bürgergeld" sollenalle steuerfinanzierten Sozialleistungen zusammengefasstund an "Personen mit unzureichendem Einkommen"ausgezahlt werden. Statt ArbeitslosengeldII, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter,Kindergeld, Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung,Bafög und Wohngeld gäbe es das "Bürgergeld"aus einer Hand: dem Finanzamt.
Anstatt Steuern zu zahlen erhielten Menschenmit Einkommen unterhalb eines GrenzwertesZuschüsse aus der Steuerkasse. Je geringerdie Einkünfte, desto höher fällt das "Bürgergeld"aus. Die FDP sieht in ihrem Modell viele Vorteile.Zum Einen werde massiv Bürokratie abgebaut.Dabei verweist die FDP beispielgebend aufbundesweit 16180 Familiengeldkassen, dieüberflüssig würden. Zum zweiten werde Missbrauchzurück gedrängt. Drittens böte eine "negativeEinkommensteuer" höhere Anreize zur Arbeitsaufnahme,da das "Bürgergeld" nur allmählich mit steigendemEinkommen absinkt. Vom selbst verdienten Geldbliebe also mehr übrig.
Parallel dazu hat sich eine neue Debatte überdie Hartz-IV-Gesetze entwickelt. Sachsen-Anhaltund Niedersachsen wollen mit einem Initiativantragim Bundesrat die Gesetzgebung bürgerfreundlicherund klageresistenter machen. Sachsen-AnhaltsJustizministerin Angela Kolb (SPD) erklärte,der Antrag beider Länder soll in der kommendenWoche in der Länderkammer beraten werden.
Auslöser des Antrages ist die enorme Klageflutan den Sozialgerichten infolge der indifferentenGesetzgebung des Sozialgesetzbuches II, denso genannten Hartz-IV-Gesetzen. Zudem würdenBescheide der Sozialverwaltungen von den Betroffenenoft nicht mehr verstanden, weil sie aus Musterbescheidenund diversen Textbausteinen bestünden oderinnerhalb eines halben Jahres "zehn-, elfmalüberarbeitet und erneuert". Kolb zufolge hättensich die Verfahren an den Sozialgerichtenim Land 2008 verfünffacht, bei Eilanträgensogar verzehnfacht, mehr als die Hälfte allerProzesse werde von den Betroffenen auch gewonnen.Gerade die Eilverfahren seien aber für dieBetroffenen besonders wichtig, so Kolb.
Sozialrichter aus Sachsen-Anhalt hatten dahergemeinsam mit Kollegen aus Niedersachsen,Hamburg und Bremen in einer ArbeitsgruppeVorschläge erarbeitet, wie Hartz IV bürgernäherund klageresistenter gestaltet werden könne.Herausgekommen ist ein 47-seitiges Papier,das zunächst von der Justizminister-Konferenzder Länder verabschiedet worden war und zahlreicheVorschläge enthält, wie die vielen unbestimmtenRechtsbegriffe der Gesetzgebung durch Pauschalenersetzt werden können.
Dazu zählt etwa die Frage, welche Kosten beiUmzügen ersetzt werden - ein ständiges Streitthemafür die zuständigen Gerichte. "Wir wollengenau vorgeben, was zu einem Umzug gehörtund somit Einzelfall-Entscheidungen erübrigen",betonte die Justizministerin. Problematischsei auch der Umgang mit dem Begriff des angemessenenWohnraums. "In einigen Städten gibt es zwarMietspiegel, in vielen Orten aber nicht",so Kolb. Hier soll es künftig regional differenziertePauschalen geben, um Klagen zu vermeiden.Bei Betroffenen, die Eigentumswohnungen oder-häuser nutzten, soll die monatliche Berechnungder Betriebskosten zugunsten einer Art jährlichenNebenkosten-Abrechnung wie bei Mietwohnungenabgeschafft werden.