Bundesrat Bundesrat: Gesundheitsreform nimmt die letzte Hürde
Berlin/dpa. - Bis auf Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin und Sachsenstimmten alle Bundesländer zu. Das zentrale Reformprojekt der großenKoalition kann damit wie geplant zum 1. April in Kraft treten.Bundespräsident Horst Köhler muss das Gesetz allerdings nochunterzeichnen.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und dieMinisterpräsidenten von Bayern und Rheinland-Pfalz, Edmund Stoiber(CSU) und Kurt Beck (SPD), verteidigten den Kompromiss. DieGesundheitsversorgung in Deutschland werde durch die Reform sichererund besser und bleibe dabei bezahlbar, sagte Schmidt. Stoiberbetonte, ohne die Reform würden die Kosten «aus dem Ruder laufen».Beck nannte die Reform ein «gelungenes Werk». Es müsse aber raschgeklärt werden, wie die Milliarden-Steuerzuschüsse für diegesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Diese sollen in denkommenden Jahren schrittweise auf 14 Milliarden Euro steigen.Opposition und Verbände erneuerten ihre Kritik.
Zu den Kernpunkten der Reform zählen die Einführung desGesundheitsfonds und einer Pflicht zur Krankenversicherung im Jahr2009. Von diesem Zeitpunkt an gilt für gesetzlich Versicherte einbundesweit einheitlicher Beitragssatz. Die 200 000 bis 300 000Nichtversicherten sollen in die gesetzlichen und privaten Kassenzurückkehren können. Der Bundestag hatte die Reform bereits am 2.Februar verabschiedet.
Schmidt sprach von einem «Kompromiss, bei dem jede Seite hat Dingedurchsetzen können und andere nicht». Als großen Fortschrittbezeichnete sie die künftige Pflicht zur Versicherung und neuetarifliche Wahlmöglichkeiten für gesetzlich Versicherte. Beckbetonte, nach langem Ringen sei nun ein «gemeinsames Ganzesentstanden». Stoiber sprach von einem «mehr als tragfähigenKompromiss». Wichtige Änderungswünsche der Länder wie die Reduzierungdes Sparbeitrags der Krankenhäuser seien berücksichtigt worden. «Einlanger Marsch geht heute zu Ende», sagte Stoiber. In der Bundesrats-Sitzung Mitte Dezember hatte der CSU-Chef noch die Zustimmung seinerPartei in Bundestag und Bundesrat in Frage gestellt.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sagtedagegen, man sei nicht am Ende eines Marsches, sondern einer Etappe.«Der Marsch wird weitergehen.» Niedersachsens WirtschaftsministerWalter Hirche (FDP) warf Schwarz-Rot ein «Hau-Ruck-Verfahren» bei derDurchsetzung der Reform vor. Dies werde der Komplexität des Vorhabensnicht gerecht. NRW-Vize-Ministerpräsident Andreas Pinkwart (FDP)sprach von einer «Gesundheitspolitik nach Gutsherrenart undKassenlage». Es werde «nichts besser, aber vieles teurer».
Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen kritisierten,das Gesundheitswesen werde künftig durch mehr Bürokratie, mehrStaatsmedizin und weniger Wettbewerb geprägt. Dennoch seien dieKassen bereits dabei, die Reform umzusetzen. Die DeutscheKrankenhausgesellschaft bemängelte einen wachsenden «Staatseinfluss».Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie kritisierte, Fragennach der Zukunftsfähigkeit des Gesundheitswesens würden «inunverantwortungsvoller Weise» verschleppt». Die Volkssolidaritätnannte die Reform «im Grundansatz falsch», der DeutscheGewerkschaftsbund (DGB) nannte die Verabschiedung ein «Trauerspiel».
Dagegen erklärte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), esseien «einige positive Ansätze für Patienten und Ärzte erkennbar».Der AOK-Bundesverband kündigte an, bei der Umsetzung der Reform werdeman die Interessen der Versicherten ins Zentrum stellen.
