Bundesparteitag Bundesparteitag: Grüne wollen Vermögenssteuer wieder einführen

Berlinddp. - Grünen-Chef Reinhard Bütikofer zog eine positive Bilanz. Von demParteitag gingen wichtige Signale für die Reformdebatte und dieEuropapolitik aus. Die Delegierten hätten Partei und Fraktion für dieschwierigen Verhandlungen Rückendeckung gegeben. «Gerechtigkeit undReformen gehören zusammen und dürfen nicht gegeneinander ausgespieltwerden», sagte er der dpa. Seine Partei werde «die Steuerdebattenicht verkürzt auf die Vermögensteuer-Diskussion führen». Die Grünenhätten in Dresden zudem gezeigt: «Wir sind die Partei Europas inDeutschland.»
Als Spitzenkandidaten ziehen die niedersächsische Atomkraft-Gegnerin Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit in den Europa-Wahlkampf. Cohn-Bendit sitzt zur Zeit für die französischen Grünen imEuropa-Parlament. Beer scheiterte am Samstag im Wahlgang um Platz 3und kam erst im zweiten Anlauf mit 55,7 Prozent auf Platz 5. FührendeGrüne und Beer selbst waren sichtlich erleichtert. Beer sagte: «Ichfreue mich wahnsinnig über Euer Vertrauen.» Bütikofer sah seine Ko-Vorsitzende gestärkt. Sie sei «nicht abgestraft» worden.
Beer sagte der dpa am Sonntag: «Ich bin total stolz. Trotz allerVersuche, hier eine Personaldebatte in den Vordergrund zu stellen,haben wir die Gerechtigkeitsfrage für die Partei definiert.» In dieReformverhandlungen der nächsten Wochen gehe ihre Partei «mitKonzepten, die geschlossen getragen werden. Wir ziehen an einemStrang.» Die Union müsse sich dagegen erst auf dem am Montag inLeipzig beginnenden CDU-Parteitag «sortieren», sagte sie.
Auf Listenplatz drei kam die Europaabgeordnete Heide Rühle mit58,2 Prozent. Auf den vierten Platz wählten die rund 750 Delegiertenden Europa-Agrarexperten Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf. EinComeback schaffte der Ex-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir, der aufden EU-Listenplatz 6 kam. Er war im Juni 2002 über die Bonusmeilen-Affäre um Freiflüge von Politikern gestolpert.
Die Grünen stellten zur Europawahl 25 Kandidaten auf. Sie rechnenmit dem Einzug von mindestens zehn bis zwölf Abgeordneten in dasStraßburger Parlament. Cohn-Bendit sagte, es sei noch vielÜberzeugungsarbeit zu leisten, um die Wähler «nach Europamitzunehmen». An der Europa-Wahl am 13. Juni 2004 sollen aucherstmals die zehn neuen EU-Staaten teilnehmen.
Mit großer Mehrheit verabschiedeten die Delegierten dasWahlprogramm unter dem Motto «Europa grün gestalten». AußenministerJoschka Fischer, um den es neue Spekulationen über einen Wechsel indas Amt eines EU-Chefdiplomaten nach dem Jahr 2006 gab, nahm wegender EU-Regierungskonferenz in Neapel nicht teil. In einer Live-Übertragung stimmte er seine Partei jedoch mit einer kämpferischenRede auf den Wahlkampf ein.
Fischer forderte, das klare Bekenntnis zu einem EU-Beitritt derTürkei zum Wahlkampfthema zu machen. «Wir dürfen der Türkei dieeuropäische Tür nicht vor der Nase zuhauen.» Er griff die CDU/CSUwegen deren Ablehnung einer EU-Mitgliedschaft der Türkei scharf anund warf ihr «Stammtischmobilisierung» vor.
Die Delegierten sprachen sich für den ersten bundesweitenVolksentscheid über die neue EU-Verfassung aus. Die Partei solle sichfür die dazu nötige Grundgesetzänderung einsetzen. Die Aussichtendafür gelten aber als gering, da eine Zwei-Drittelmehrheit für eineGrundgesetzänderung am Widerstand der Union scheitern dürfte.
Eine Kontroverse hatte am Freitagabend die Forderung derParteilinken nach einer Steuer auch auf Betriebsvermögen ausgelöst.Der linke Flügel um Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele undprominente Grüne scheiterte aber damit. Die Vermögensteuer für Reichesoll nach Vorstellung der Grünen mit der Einkommensteuer verrechnetwerden können. Die SPD-Spitze will jedoch auf die Wiedereinführungverzichten.