Bundesfreiwilligendienst Bundesfreiwilligendienst: Debatte um Bufdis im Osten

Berlin/MZ - Am Donnerstag meldete eine Zeitung, das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben - kurz: Bafza - habe im Hinblick auf den Bundesfreiwilligendienst einen Einstellungstopp für Bewerber über 25 erlassen. Grund sei der große Andrang älterer Bewerber in Ostdeutschland. Die Finanzmittel seien auf 160 Millionen Euro für 50.000 Stellen beschränkt, hieß es. Und schon jetzt sei „weit mehr als die Hälfte der möglichen Vereinbarungen“ für 2014 abgeschlossen, so dass das Rest-Kontingent „lebensjüngeren Freiwilligen“ vorbehalten bleibe.
Kein Einstellungsstopp
Das Bundesfamilienministerium betonte am Freitag, von einem bundesweiten Einstellungsstopp könne „keine Rede sein“. Allerdings räumte es ein, das Bafza werde das ihm selbst zur Verfügung stehende Kontingent bis zum Herbst zurückhalten, wenn Schulabgänger ihren Dienst beginnen wollten. Davon sind kommunale Kindertagesstätten oder Pflegeeinrichtungen betroffen, Träger wie Caritas oder Diakonie aber nicht. Der begrenzte Einstellungstopp für Ältere wirft ein Schlaglicht auf die Gegensätze in Ost und West.
Der Bundesfreiwilligendienst ist als Initiative zur freiwilligen, gemeinnützigen und unentgeltlichen Arbeit und als Reaktion auf die Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes eingeführt worden.
Alle Bürger, die ihre Pflichtschulzeit absolviert haben, können Bundesfreiwilligendienst leisten: junge Menschen nach der Schule, Menschen in mittleren Jahren und Senioren. Alter, Geschlecht, Nationalität oder Art des Schulabschlusses spielen dabei keine Rolle.
Die Regeldauer sind zwölf Monate. Man kann den Dienst auf sechs Monate verkürzen oder auf 18 Monate verlängern, maximal möglich sind 24 Monate Dienstdauer. Menschen, die älter als 27 Jahre sind, können in Teilzeit tätig werden.
Eine Fachkraft betreut den Freiwilligen in der Einsatzstelle.
Alle Freiwilligen erhalten kostenlose Seminare. Die Einsatzstellen entscheiden, wie hoch das Taschengeld ausfällt (Höchstgrenze: 330 Euro). Berufskleidung, Unterkunft und Verpflegung können gestellt oder die Kosten ersetzt werden.
Bei den Sozialversicherungen ist der Dienst einem Ausbildungsverhältnis gleichgestellt.
Die Beiträge für Renten-, Unfall-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlt die Einsatzstelle. Nach Abschluss erhalten die Freiwilligen ein Zeugnis.
Die Einsatzbereiche sind vielfältig: Kinder- und Jugendhilfe, Jugendarbeit, Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege, Behindertenhilfe, Umwelt- und Naturschutz, Sport, Integration, Kultur- und Denkmalpflege, Bildung, Zivil- und Katastrophenschutz.
Der Regionalbetreuer für den Salzlandkreis ist erreichbar unter der Telefonnummer
0391/7 36 23 20. Einsatzstellen finden sich beispielsweise über die Platzbörse, über den zuständigen Regionalbetreuer oder auch über eine der Zentralstellen. Selbstverständlich können aber auch Einrichtungen direkt angesprochen werden.
Als der Dienst im Juli 2011 nach Abschaffung des Zivildienstes eingeführt wurde, da wuchs die Zahl der Interessenten schnell. Allerdings entwickelten sich die Verhältnisse auch rasch auseinander. Zu dem Ergebnis kam die Hertie School of Governance. Sie schrieb im Juni 2012: „Die Altersgruppe der über 27-Jährigen hat im Bundesdurchschnitt einen Anteil von über 30 Prozent. Auffallend ist, dass diese Altersgruppe in allen ostdeutschen Bundesländern überproportional vertreten ist. Dort liegt ihr Anteil jeweils bei über 50 Prozent. Der Dienst scheint dort vor allem für Arbeitssuchende attraktiv zu sein.“ Die Zahlen des Familienministeriums für den Januar 2014 bestätigen das. Demnach gibt es gemessen an der Bevölkerungszahl viel mehr Budfis im Osten als im Westen. Vor allem sind die Ost-Bufdis jetzt bis zu 90 Prozent älter als 27. Im Westen ist es umgekehrt.
"Freiwilligendienst darf nicht instrumentalisiert werden"
Nun sagt ein Sprecher des Landesarbeitsamtes für Sachsen-Anhalt und Thüringen, es werde nicht generell für den Dienst geworben, um ältere Leute in Jobs zu bringen. Auf die Möglichkeit werde nur in Einzelfällen hingewiesen. Gleichwohl mahnte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider: „Wir müssen alle darauf achten, dass die Leute tatsächlich freiwillig kommen und nicht von irgendwo her genötigt werden. Das ist ein Freiwilligendienst. Er darf nicht zum arbeitsmarktpolitischen Instrument werden. Das würde den gesamten Dienst kaputt machen.“
Wie heiß das Thema ist, ließ am Freitag Anke Merbach aus Gotha verlauten. „Wir als Gothaer Mehrgenerationenhaus haben größtenteils ältere Bewerber, obwohl wir auch über alle sozialen Netze für die Bufdi-Stellen geworben haben“, postete sie im Internet. „Dass Stellen jetzt unbesetzt bleiben müssen, nur weil die Bewerber über 25 Jahre alt sind, ist einfach blödsinnig!“