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Bundesfinanzhof prüft Kürzung der Pendlerpauschale

10.01.2008, 14:56

München/dpa. - Millionen Steuerzahler können weiter darauf hoffen, dass die umstrittene Kürzung der Pendlerpauschale wieder gekippt wird. Der Bundesfinanzhof (BFH) in München stellte die Neuregelung am Donnerstag in zwei Verhandlungen erneut auf den Prüfstand.

Das oberste deutsche Finanzgericht muss über die Klagen eines Bäckermeisters aus Baden-Württemberg und eines Ingenieurs aus Mecklenburg-Vorpommern gegen die weitgehende Streichung der Entfernungspauschale bei der Steuerberechnung zum 1. Januar 2007 befinden. Die Entscheidung wird binnen zwei Wochen erwartet. Diese dürfte starke Signalwirkung für die ausstehende abschließende Klärung durch das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich noch in diesem Jahr haben. Nur Karlsruhe kann die Neuregelung gerichtlich kippen.

Mit der Pendlerpauschale können Berufstätige Fahrtkosten zwischen ihrer Wohnung und ihrer Arbeitsstätte steuermindernd geltend machen. Seit Anfang 2007 sind die 30 Cent je Kilometer aber nur noch vom 21. Entfernungskilometer an steuerlich absetzbar. Mit der Neuregelung wurde das «Werkstorprinzip» eingeführt, wonach Fahrten zum Arbeitsplatz der Privatsphäre zuzuordnen sind und die Arbeitssphäre erst mit Betreten des Arbeitsplatzes - am Werkstor - beginnt. Der Bund der Steuerzahler hält die Regelung für verfassungswidrig. Diese sei auch nur aus rein finanziellen Interessen des Bundes zustande gekommen, kritisierte Geschäftsführer Reiner Holznagel. Auch der BFH hatte bereits 2007 in einem Eilverfahren ernstliche Zweifel daran geäußert, dass die Kürzung der Pauschale verfassungsgemäß ist.

In den beiden mündlichen Verhandlungen ließ das Gericht nun unter anderem Zweifel daran erkennen, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz nicht als rein beruflich veranlasst und als voll steuerlich abzugsfähig angesehen werden. Zudem wurde auf die Regelungen zur doppelten Haushaltsführung verwiesen. Auch die in derartigen Fällen entstehenden Kosten seien als «Mobilitätskosten» zu werten und vollständig steuerlich absetzbar. Die Anwälte der Kläger und der Bund der Steuerzahler zeigten sich nach den Verhandlungen optimistisch. Diese seien «optimal gelaufen», sagte der Anwalt Norbert H. Hölscheidt. Holznagel erklärte, er sei «sehr zufrieden».

Die Kläger argumentierten vor Gericht unter anderem, die Kürzung der Pendlerpauschale verstoße gegen tragende Grundprinzipien der Verfassung, etwa gegen das Gebot zum Schutz von Ehe und Familie. Die Neuregelung habe mit Steuergerechtigkeit nichts mehr zu tun. Dagegen verteidigte das Bundesfinanzministerium die Gesetzesänderung. Derartige Grundentscheidungen seien allein Sache des Gesetzgebers, betonte der Vertreter des Ministeriums, Jörg Kraeusel. Er argumentierte zudem, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz seien als teils privat, teils beruflich bedingt anzusehen.

Die FDP rief die Bundesregierung am Donnerstag auf, die Kürzung der Pauschale zurückzunehmen. «Die gegenwärtigen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und dem Bundesverfassungsgericht sollten für die Bundesregierung Anlass zum Handeln sein, bevor sie von den Gerichten dazu gezwungen wird», sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP- Bundestagsfraktion, Hermann Otto Solms, laut Pressemitteilung. Der Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring erklärte, man sei zuversichtlich, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken überwiegen.

Die große Koalition hatte sich im November darauf geeinigt, die gekürzte Pendlerpauschale vorerst nicht zu verändern, sondern die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Auch aus Union und SPD hatte es Forderungen gegeben, die Kürzung rückgängig zu machen und die Pauschale wieder vom ersten Kilometer an zu zahlen.