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Brandenburg Brandenburg: Ex-Polizeisprecher gibt Stasi-Tätigkeit zu

Von Susann Fischer 18.02.2011, 15:45
Eine Karteikarte mit dem Stempelaufdruck «MfS» ist als Teil der Dauerausstellung «Stasi - Die Ausstellung zur DDR-Staatssicherheit» in Berlin zu sehen. (FOTO: ARCHIV/DPA)
Eine Karteikarte mit dem Stempelaufdruck «MfS» ist als Teil der Dauerausstellung «Stasi - Die Ausstellung zur DDR-Staatssicherheit» in Berlin zu sehen. (FOTO: ARCHIV/DPA) dpa

Potsdam/dapd. - Fleischer habe amFreitag bei einer Anhörung im Innenministerium eingeräumt, alsInoffizieller Mitarbeiter unter dem Decknamen «Fritz» für die Stasigearbeitet zu haben, sagte Ministeriumssprecher Ingo Decker.

Fleischer habe nach eigenen Angaben auch eineVerpflichtungserklärung für die Stasi-Tätigkeit unterzeichnet. Zuvorhabe er dies stets bestritten.

Das Innenministerium wird als Konsequenz umgehend einKündigungsverfahren gegen Fleischer einleiten, sagte Decker.Fleischer sei kein Beamter, sondern Angestellter. Er sei amVormittag in der Polizeiabteilung des Ministeriums in Potsdamangehört worden.

Fleischer war bereits am Donnerstag seines Amtes alsPressesprecher des Polizeischutzbereichs Cottbus/Spree-Neißeenthoben worden. Zuvor hatte das RBB-Magazin «Klartext» über dieStasi-Tätigkeit des 59-Jährigen berichtet. Demnach war Fleischer von1979 bis zur Wende für die Stasi tätig. Die Reporter hätten mehrere,zum Teil auch handschriftliche Berichte gefunden, die Fleischer alsfrüheren Strafvollzugsbediensteten des Cottbusser DDR-Gefängnisseszugeordnet werden könnten. Das Innenministerium hatte Fleischerdaraufhin aufgefordert, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Zwtl: Vom Hauptmann im Gefängnis zum Pressesprecher

Laut «Klartext» war Fleischer zu DDR-Zeiten erst Wachmann unddann ein sogenannter Erzieher im Rang eines Hauptmanns derCottbusser Strafanstalt, in der politische Gefangene eingesperrtwaren. Nach Angaben Deckers wurde Fleischer 1991 Pressesprecher desPolizeipräsidiums Cottbus. Als das Präsidium 2002 aufgelöst wurde,übernahm Fleischer den Posten im Schutzbereich Cottbus.

Bereits 2009 hatte «Klartext» über die Stasi-VergangenheitFleischers berichtet. Der damalige Innenminister Jörg Schönbohm(CDU) habe ihm daraufhin angeboten, freiwillig in den Vorruhestandzu gehen. Das habe Fleischer jedoch abgelehnt.

Schönbohm hatte 2009 nach Berichten über zahlreiche ehemaligeStasi-Mitarbeiter in der brandenburgischen Polizei umfangreicheUntersuchungen angeordnet. Danach waren sechs Mitarbeitern andereAufgaben übertragen worden. Schönbohm plädierte schließlich für einEnde der Debatte um eine stasibelastete Polizei. Die ehemaligenStasi-Mitarbeiter seien 1990 eingestellt worden und könnten nurentlassen werden, wenn es eine arglistige Täuschung gab.

Zwtl: 1990 wurden Hunderte Ex-Stasi-Leute übernommen

Nach damaligen Angaben hatte eine Kommission im Auftrag derLandesregierung 1990 rund 12.500 Anfragen zu Polizisten gestellt. In1.800 Fällen gab es Hinweise auf eine Stasi-Tätigkeit. Dabeihandelte es sich um 242 hauptamtliche und 1.238 inoffizielleStasi-Mitarbeiter. Hinzu kamen 343 sogenannte Karteikartenfälle, beidenen Stasi-Tätigkeit nicht nachgewiesen werden konnte.

Nach den Empfehlungen der Kommission wurden 101 Polizisten nichtin den Polizeidienst übernommen. 513 Polizisten wurden aufgrundarglistiger Täuschungen entlassen. So verblieben letztlich 1.310ehemalige Stasi-Mitarbeiter in der Brandenburger Polizei. Davonwaren im Jahr 2009 noch 880 im Dienst, darunter rund 200 ehemalshauptamtliche MfS-Mitarbeiter und 500 frühere IM.

Das Thema Stasi und Polizei wird seit einigen Monaten in einemwissenschaftlichen Projekt aufgearbeitet. Die Mittel in Höhe von 200000 Euro hatte noch die rot-schwarze Landesregierung genehmigt. LautDecker läuft das Projekt in Kooperation mit der Universität Potsdamderzeit noch, 2012 sollen Ergebnisse vorliegen.

Berndt Fleischer, aufgenommen in Cottbus am 04.07.2002. Nach erneuten Stasi-Vorwürfen ist Fleischer von seinen Aufgaben entbunden worden. (FOTO: ARCHIV/DPA)
Berndt Fleischer, aufgenommen in Cottbus am 04.07.2002. Nach erneuten Stasi-Vorwürfen ist Fleischer von seinen Aufgaben entbunden worden. (FOTO: ARCHIV/DPA)
dpa