BKA-Ermittlungen BKA-Ermittlungen zu Kölner Fall: Tunesier wollte Biobombe bauen

Köln - Der als Giftmischer verdächtigte Tunesier Sief Allah H. aus Köln-Chorweiler hat nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) einen Anschlag neuer Dimension mit einem biologischen Sprengsatz geplant. „Hier gab es schon ganz konkrete Vorbereitungen zu einer solchen Tat, mit einer, wenn Sie so wollen, Biobombe. Und das ist schon ein in Deutschland einmaliger Vorgang“ sagte BKA-Präsident Holger Münch dem RBB-Inforadio. „Es gibt entsprechende Anleitungen dazu, auch von islamistischen Organisationen im Internet, wie man so etwas tut. Daran hat sich diese Person offensichtlich auch orientiert.“
Gegen den Mann hatte der Bundesgerichtshof vor einer Woche Haftbefehl erlassen. Er hatte Münch zufolge damit begonnen, das hochgiftige Rizin herzustellen. Eine Einleitung zur Herstellung taucht in einem Handbuch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf. 2016 wurde es dreimal im Irak und einmal an der irakisch-syrischen Grenze gefunden.
Rizin lässt sich aus Rizinussamen gewinnen. Es seien auch Utensilien für die Herstellung eines Sprengsatzes gefunden worden, so der BKA-Präsident. Ein ausländischer Geheimdienst hatte dem Bundesamt für Verfassungsschutz zuvor gemeldet, dass der Tunesier im Internet Bestandteile zum Bau eines Sprengsatzes geordert hatte. Hinzu kamen später telefonische Hinweise aus der Bevölkerung.
„Sehr wahrscheinlich“ Terroranschlag geplant
Nach Einschätzung des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen plante der Mann „sehr wahrscheinlich“ einen Terroranschlag. Er soll deutlich mehr als die zunächst bekanntgewordenen 1000 Rizinussamen bestellt haben. Es gebe Anhaltspunkte für eine noch größere Menge, teilte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am Dienstag mit. „Welches konkrete Tatziel in den Blick genommen wurde, dass wissen wir noch nicht“, erklärte der BKA-Präsident. „Auch die Frage zu weiteren Verbindungspersonen, Mittätern, auch das ist noch offen.“
Entsprechende Untersuchungen laufen. Die Sicherheitsbehörden gehen allerdings davon aus, dass ein Anschlag des Mannes mit der hochtoxischen Substanz, die erst nach 48 Stunden wirkt, in jedem Fall Panik in der Bevölkerung ausgelöst und damit massive Folgen für das gesellschaftliche Klima gehabt hätte. Insofern sei es gut, dass es nicht dazu gekommen sei, heißt es.
Der Tunesier war im Rahmen des Familiennachzugs legal nach Deutschland eingereist und galt anfangs nicht als Gefährder. Nach den Hinweisen aus dem Ausland, ergänzenden Hinweisen aus der Bevölkerung und einer abschließenden Überwachung erhärtete sich dann der Verdacht.
Hohe Zahl von radikalisierten Einzelpersonen
In Sicherheitskreisen wird unterdessen beklagt, dass es in Deutschland bisher keine Pflicht für die Verkäufer gefährlicher Stoffe oder Utensilien zum Bombenbau gebe, Sicherheitsbehörden diesen Kauf anzuzeigen. Damit fehle die Möglichkeit, die Daten der Käufer mit den eigenen Anti-Terror-Dateien abzugleichen und so im Ernstfall frühzeitig aufmerksam zu werden, sagen Insider.
Sorge bereitet den Sicherheitsbehörden die hohe Zahl von radikalisierten Einzelpersonen, die es im Auge zu behalten gelte – obwohl sie oft gar nicht bekannt sind. „Der große geplante Anschlag, so wie wir das in Paris und Brüssel erlebt haben, den halten wir mittlerweile nicht für völlig unwahrscheinlich, aber weniger wahrscheinlich, weil der sogenannte Islamische Staat doch schon sehr geschwächt ist“, erklärte Münch.
Aktuell sind 770 Personen als Gefährder eingestuft. Zugleich ist der Verbleib hunderter nach Syrien und in den Irak ausgereister Islamisten weiter unklar.