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Billiglohnland Billiglohnland: Niedersachsen beschwert sich in Brüssel über deutsches Lohndumping

23.03.2013, 08:47
Eine Frau hält ein fast leeres Portemonnaie in den Händen.
Eine Frau hält ein fast leeres Portemonnaie in den Händen. dpa-Zentralbild

Hannover/dpa - Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies will sich bei der EU-Kommission über Lohndumping in Deutschland beschweren. „Das Billiglohnland Deutschland ist zum Arbeitsvernichter in vielen angrenzenden Ländern wie Belgien geworden“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Daher wolle er die offizielle Beschwerde der belgischen Regierung bei der EU-Kommission gegen die fehlenden Gesetze in Deutschland mit einem Schreiben nach Brüssel unterstützen.

Anfang der Woche hatten der belgische Wirtschaftsminister Johan Vande Lanotte und Arbeitsministerin Monica De Coninck nach einem Besuch in Niedersachsen angekündigt, sich offiziell bei der EU-Kommission beschweren zu wollen. Hintergrund sind die in deutschen Schlachthöfen gezahlten Billiglöhne, die belgische Mitbewerber in den Konkurs treiben. „Dort müssen etwa Schlachthöfe entlassen, weil hier in zunehmendem Maße ohne rechtliche Rahmenbedingungen im Niedrig- und Billiglohnbereich Beschäftigungen geschaffen wurden“, sagte Lies.

Angesichts der Kritik aus Belgien hofft Lies auf eine Kehrtwende der Bundesregierung beim Streitthema Mindestlohn: „Der berechtigte Appell, der jetzt aus unserem Nachbarland Belgien kommt, bringt Schwarz-Gelb in Berlin hoffentlich dazu, das Thema nicht wieder einfach vom Tisch zu wischen.“ Deutschland müsse sich endlich ernsthaft damit auseinandersetzen.

Schwarze Schafe unter den Arbeitgebern gebe es aber nicht nur in der Fleischindustrie, sondern etwa auch in der Fertigungsbranche und im Einzelhandel. „Diese Form der Ausbeutung unterwandert viele Teile der Beschäftigung in Deutschland, aber leider so, dass es nicht immer gleich auffällt“, sagte Lies.

Offizielle Zahlen über die - auch wegen umstrittener Werkverträge - prekär Beschäftigten gebe es nicht. „Wir brauchen daher endlich eine Meldepflicht, damit wir belastbare Zahlen haben“, sagte Lies. In Niedersachsen gebe es derzeit rund 30 000 Beschäftigte in der Fleischindustrie. Es müsse davon ausgegangen werden, dass in einzelnen Betrieben bis zu 90 Prozent der Arbeitnehmer ausgebeutet würden. Die Stundenlöhne lägen teilweise bei maximal vier bis fünf Euro. „Das ist skandalös und unter aller Würde.“