Bildung Bildung: Abitur schützt nicht vor Arbeitslosigkeit
FRANKFURT (MAIN)/MZ. - Daten vom August dieses Jahres zeigen: Die Zahl der Menschen mit Abitur, die jetzt ohne Job dastehen, hat sich gegenüber dem Vorjahr um fast ein Viertel erhöht. Der Zuwachs bei den Personen mit Hauptschulzeugnis (10,8 Prozent) und Mittlerer Reife (5,4) fiel dagegen weit geringer aus. Bei Menschen ohne Abschluss weist die Statistik ein Plus von 5,5 Prozent aus.
"Auch eine gute schulische Ausbildung schützt längst nicht mehr vor Arbeitslosigkeit", sagt Wilhelm Adamy, Leiter der Abteilung Arbeitsmarktpolitik beim DGB-Bundesvorstand. In den alten Ländern haben seiner Auswertung zufolge bereits 15,8 Prozent Menschen ohne Job eine Fachhoch- oder Hochschulreife, im Osten sind es 13,8 Prozent. Bundesweit hat damit mittlerweile jeder sechste bis siebte Arbeitslose Abitur oder Hochschulreife. Besonders stark ist darunter die Gruppe der 25- bis 34-Jährigen vertreten.
Was Adamys Statistik nicht zeigt: Ob die Abiturienten auch ein abgeschlossenes Studium vorweisen können. Für Hans Dietrich, Experte für Lebenslaufforschung beim Institut für Arbeits- und Berufsforschung, ist jedenfalls klar, dass konjunkturelle Abschwünge vor allem Hochschulabgänger oder ausgelernte Azubis treffen, die neu in den Arbeitsmarkt streben. Adamy nennt einen weiteren Grund für das erhöhte Risiko der Studierten, ihren Job zu verlieren: "Die Krise schlägt sich vor allem in den exportorientierten Sektoren nieder", sagt der DGB-Experte. Mithin seien in der Industrie auch besonders Leute mit hohen Abschlüssen wie zum Beispiel Ingenieure gefährdet.
Adamy macht bei den Menschen mit Fach- und Hochschulreife auch ein wachsendes Risiko zu verarmen aus: Nach seinen Berechnungen ist die Zahl derjenigen, die Hartz IV beziehen, im August binnen Jahresfrist um fast 14 Prozent emporgeschnellt. Die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld II mit Hauptschul-Laufbahn stieg im selben Zeitraum nur um 1,4 Prozent, bei den Schulabbrechern belief sich das Plus auf 1,6 Prozent.
Auch eine gute schulische Ausbildung könne in der Jobkrise schnell wieder entwertet werden, schließt Adamy aus dieser Entwicklung. Bildung und Qualifizierung bleibe dennoch für Deutschland ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Und für den Einzelnen werde es nun immer wichtiger, ein hohes Qualifikationsniveau zu erreichen. Die Arbeitslosenquote sei nämlich für gering qualifizierte Arbeitskräfte nach wie vor noch fünfmal größer als bei jenen mit hohem Bildungsniveau.