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Besuch in Deutschland Besuch in Deutschland: Erdogan warnt vor Ausländerfeindlichkeit und Islamphobie

Von Christian Wolf 27.02.2011, 21:10

Düsseldorf/dapd. - Eine solche Entwicklung werde in der Türkei«mit großer Beunruhigung» verfolgt, sagte Erdogan am Sonntag vorrund 10.000 Menschen in Düsseldorf. Deutsche Politiker sollten dieseFeindlichkeit mit ihren Äußerungen «nicht weiter aufbauschen».Vielmehr müssten wir «gegenseitig versuchen, uns zu verstehen»,sagte Erdogan.

Auch eine zunehmende negative Stimmung gegen den Islamkritisierte der türkische Premier. «Islamphobie ist ein Verbrechengegen die Menschlichkeit, genauso wie Rassismus.» Sowohl dieMehrheit in Deutschland als auch die türkische Minderheit müsseeinander respektieren.

Erdogan erneuerte seine vor drei Jahren bei einem ähnlichenAuftritt in Köln ausgesprochene Warnung an seine Landsleute inDeutschland, Assimilation sei ein Verbrechen gegen dieMenschlichkeit. «Ihr sollt euch natürlich in die deutscheGesellschaft integrieren. Aber ich sage Nein zu Assimilation»,betonte Erdogan. Niemand solle von seiner eigenen Kultur losgeeistwerden und mit Gewalt etwas anderes aufgezwungen bekommen.Demokratie bedeute eben auch, «Unterschiede als Reichtum» anzusehen.

Zwtl: Ja zu Integration

Dass türkische Kinder in Deutschland die deutsche Sprache lernensollen, bezeichnete der Premier als selbstverständlich. Zuvorsollten sie allerdings die türkische Sprache beherrschen. «Ich sageja zu Integration», sagte Erdogan. Nur wenn Deutsche und Türkengemeinsam zusammenlebten, könne die Gesellschaft Ruhe finden.

Den in Deutschland lebenden Türken stellte Erdogan in Aussicht,bei den Parlamentswahlen im Juni auch von Deutschland aus ihreStimme abgeben zu können. Während sie bislang für Wahlen in dieTürkei reisen mussten, sollten türkische Staatsbürger nun auch inden diplomatischen Vertretungen in Deutschland wählen dürfen. Beieinem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will Erdoganam Montag versuchen, eine entsprechende Regelung mit der deutschenSeite zu vereinbaren.

Im Fall derjenigen Türken, die ihre Staatsbürgerschaft zugunsteneiner deutschen aufgegeben haben, versprach Erdogan Erleichterungen.Mithilfe der sogenannten «Blauen Karte» könnten sie künftig in derTürkei einfacher Formalitäten erledigen und zusätzliche Rechtebekommen. Zudem werde die Karte als Personalausweis dienen, kündigteErdogan an.

Zwtl: Kritik an westlichen Staaten

Mit Blick auf die Aufstände in Nordafrika und dem Nahen Ostenstellte sich Erdogan hinter die demokratischen Bewegungen. WestlicheMächte, die Menschenrechte und Demokratie stets einforderten, seienim Fall von Tunesien, Ägypten und Libyen stumm geblieben. «Geltendie globalen Werte nicht für sie», fragte Erdogan mit Blick auf dieMenschen in diesen Ländern. Das Verhalten der westlichen Staatenlasse sich derzeit als doppelzynisch beschreiben.

Veranstaltet wurde der Auftritt Erdogans von der türkischenBehörde «Präsidium für Auslandstürken und verwandte Völker». Vor derHalle demonstrierten rund 650 Kurden gegen den türkischenRegierungschef. Die rechtspopulistische Partei «Pro NRW»veranstaltete ebenfalls eine Demonstration, an der sich nachPolizeiangaben rund 80 Menschen beteiligten. Die Polizei war miteinem Großaufgebot vor Ort.

Am Montag wird Erdogan zusammen mit Merkel in Hannover dieComputerfachmesse CeBIT eröffnen, deren Partnerland die Türkei indiesem Jahr ist.