1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Besuch im Kanzleramt: Besuch im Kanzleramt: Merkel und Kaczynski setzen auf EU-Reform-Gipfel

Besuch im Kanzleramt Besuch im Kanzleramt: Merkel und Kaczynski setzen auf EU-Reform-Gipfel

12.10.2007, 17:30
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bittet den polnischen Präsidenten Lech Kaczynski ins Kanzleramt in Berlin, im Hintergrund der Reichstag. (Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bittet den polnischen Präsidenten Lech Kaczynski ins Kanzleramt in Berlin, im Hintergrund der Reichstag. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Das auf polnische Initiative zustande gekommene Gespräch amFreitag im Kanzleramt in Berlin sei «in guter Atmosphäre» verlaufen,hieß es aus deutschen Regierungskreisen nach dem Treffen. «BeideSeiten sind an einem Erfolg in Lissabon interessiert.»

Kaczynski sagte bei seiner Ankunft in Berlin zum bevorstehendenEU-Gipfel: «Wenn alle Informationen, die mich erreichen, wahr sind,dann wird das ein Erfolg werden». «Zwei bis drei Fragen» seien nochoffen. Merkel äußerte sich zu den Streitpunkten nicht direkt. Siesprach lediglich von «noch bestehenden Diskussionen», die überwundenwerden müssten.

Die Staats- und Regierungschefs wollen am 18. und 19. Oktober inLissabon den jahrelangen Streit über eine EU-Verfassung mit derVereinbarung eines neuen grundlegenden Vertragswerks beenden, der dieZuständigkeiten und die Machtverteilung in der Union neu regelt.

Polen will in Form eines Protokolls oder einer Erklärung alsMinderheitenschutz eine Klausel festschreiben, dieMehrheitsentscheidungen vorübergehend blockieren kann. Die anderenLänder wollen diese sogenannte Ioannina-Klausel zwar alsVertragsanhang akzeptieren, aber nicht als festen Bestandteil der EU-Verträge. Dazu gibt es bereits Kompromissformulierungen.

Polen verlangt auch, künftig einen der Generalanwälte beimEuropäischen Gerichtshof zu stellen. Diese Personalie ist zwar nichtBestandteil der EU-Verträge, könnte aber beim EU-Gipfel in Portugalvon den übrigen Staats- und Regierungschefs zugesagt werden. Polengilt als größte Hürde für die Zustimmung zu den neuen Grundlagen-Verträgen der EU.

Kaczynski wollte in Berlin nach eigenen Angaben auch bilateraleThemen ansprechen. Polen - so hieß es in Berichten aus Warschau -wolle die Bundesregierung zu einer neuen Erklärung gegenEntschädigungsansprüche von Vertriebenen bewegen. Das lehnt dieBundesregierung strikt ab. Sie hatte wiederholt bekräftigt, dass sieweder politisch noch jusristisch Raum für solche Ansprüche sieht.

Die Vertriebenen-Vereinigung «Preußische Treuhand» hat vor demEuropäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Einzelklagengegen Polen eingereicht. Mit einem Urteil wurde bislang noch indiesem Jahr gerechnet.

Die Begegnung Merkels mit Kaczynski war wegen des laufendenWahlkampfs in Polen von deutscher Seite bewusst mit Zurückhaltungbehandelt worden. Es gab nur vor dem als Mittagsessen angelegtenGespräch eine kurze Erklärung. Eine zunächst geplante Pressekonferenzwurde abgesagt.