Berlin Berlin: Frühere Stasi-Kollegen erweisen Wolf die letzte Ehre

Berlin/dpa. - Gekommen waren auch der Linkspartei-Bundesvorsitzende Lothar Bisky, der Partei-Ehrenvorsitzende Hans Modrow sowie der russische Botschafter Vladimir Kotenev.
Wolf sei seinen Idealen treu geblieben und habe gleichzeitig zuseinen Fehlern gestanden, sagte Bisky sichtlich bewegt am Urnengrab des Verstorbenen und verneigte sich. Der Geheimdienstler war am 9. November im Alter von 83 Jahren gestorben - am 17. Jahrestag des Mauerfalls. Nach der Wende war er auch als Kochbuchautor aufgetreten und als Schriftsteller («Freunde sterben nicht»).
Markus Wolf galt als Schlüsselfigur im Kalten Krieg: Als Leiterder Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung führte er fast 30 Jahre etwa4000 DDR-Auslandsagenten. Sein spektakulärster Erfolg war dieRekrutierung des Bonner Kanzlerspions Günter Guillaume. DessenEnttarnung führte 1974 zum Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt(SPD). Lange war Wolf der «Mann ohne Gesicht» - erst Ende der 70erJahre wurde er in Stockholm erstmals fotografiert. 1986 schied Wolfaus dem Stasi-Dienst aus. Dem Stasi-Chef Erich Mielke war derumtriebige und eloquente Generaloberst oft nicht geheuer.
Für etliche, inzwischen ergraute Stasi-Mitarbeiter von einst hattedie Beisetzung am Samstag offensichtlich auch etwas von einemFamilientreffen. Sie begrüßten sich mit Handschlag, tauschten dasNeueste aus und freuten sich über das Wiedersehen. Auch WolfsNachfolger Werner Großmann war gekommen. Er war der letzter Leiterder Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung.
Die Friedhofshalle war überfüllt. Über Lautsprecher verfolgten imFreien dicht gedrängt viele die Trauerfeier mit der fast heiterenjiddischen und russischen Musik. Botschafter Kotenev sagte, an«Mischa» Wolf erinnerten sich in seinem Land viele Menschen. Wort undTat seien bei Wolf nicht auseinander gegangen. Die Familie Wolf waraus Furcht vor den Nazis in die damalige Sowjetunion emigriert.
Theater-Regisseur Manfred Weckwerth sagte in seiner Rede, Wolfhabe dazu beigetragen, dass aus dem Kalten Krieg kein heißer wurde.Dies sei bedeutsam, wenn man bedenke, wie Geheimdienste heute daranarbeiteten, dass «ein Krieg nach dem anderen entsteht».
Ganz in der Nähe von Markus Wolfs Ruhestätte liegt das Grab seinesBruders, des Defa-Regisseurs Konrad Wolf. Auch Wolfs Vater, derSchriftsteller Friedrich Wolf, war in der Nachbarschaft in derGedenkstätte der Sozialisten bestattet worden. Diese war zu DDR-Zeiten Prominentenfriedhof für Politiker und NS-Widerstandskämpfer.