Berlin Berlin: Die Hauptstadt bekommt eine Rudi-Dutschke-Straße

Berlin/dpa. - Das teilte Bezirkswahlleiter Heinrich Baasen mit. Bei der Abstimmungentschieden sich in 86 von 88 Stimmbezirken 41,6 Prozent derStimmberechtigten für einen Antrag der CDU gegen die Umbenennung.Gegen den CDU-Antrag war die Mehrheit von 58,4 Prozent der Teilnehmeran der Wahl. Dutschke (1940 - 1979) war in den 60er Jahren Führer derwestdeutschen Studentenbewegung und galt als wichtiger Kopf der 68er-Bewegung.
Stimmberechtigt waren rund 182 000 Bürger. Die restlichenErgebnisse aus zwei Wahlbezirken könnten das Ergebnis nicht mehrändern, hieß es. Der Bürgerentscheid ist als gültig anerkannt. DieVoraussetzung eines so genannten Quorums mit einer Beteiligung vonmehr als 15 Prozent war mit Schließung der Wahllokale erfüllt. Nachletztem Stand hatten sich mehr als 17 Prozent beteiligt.
Die CDU hatte sich aus finanziellen und politischen Gründen gegeneine Umbenennung ausgesprochen, während sich Grüne, Linkspartei unddie Tageszeitung «taz» für die Dutschke-Straße einsetzen. Der amSonntag stattfindende Bürgerentscheid war möglich geworden, weil dieCDU die notwendigen 5000 Unterschriften gegen die von derBezirksverordentenversammlung bereits mehrheitlich beschlossenenUmbenennung sammeln konnte.
Die Frage über eine Straße zu Ehren des Studentenführers hat sichin Berlin zu einem Politikum entwickelt. Besondere Brisanz erhieltdie Diskussion dadurch, dass bei einer Umbenennung künftig dasVerlagshochaus des Axel-Springer-Verlages teilweise an der Dutschke-Straße liegen würde. Die angrenzende Axel-Springer-Straße würde sichzudem mit der Dutschke-Straße kreuzen. Der «Bild-Zeitung» aus demHause Springer war in den 6oer Jahren von Dutschke und derStudentenbewegung immer wieder «Meinungshetze» vorgeworfen worden,die Studenten bekämpften die Zeitung erbittert.
Im April 1968 wurde Dutschke von dem 23jährigen Arbeiter JosefErwin Bachmann auf offener Straße in Berlin niedergeschossen undlebensgefährlich verletzt. Der zu sieben Jahren Haft verurteilteAttentäter beging im Februar 1970 Selbstmord. Dutschke starb amHeiligen Abend 1979 im dänischen Aarhus. Er wurde in Berlinbeigesetzt.
Auch vor den Wahllokalen setzte sich am Sonntag die kontroverseDiskussion Pro und Contra Dutschke fort. «Diese Umbenennung istBlödsinn, es gibt in Berlin wichtigere Persönlichkeiten, alsDutschke, der ein Gegner der parlamentarischen Demokratie war», sagteein Rentner in Berlin-Kreuzberg. Ein anderer wiederum hob DutschkesVerdienste für die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschlandhervor und sagte: «Ich bin ein Verehrer Dutschkes.»
Die CDU setzte im Vorfeld des Bürgerentscheids auf einenengagierten Straßenwahlkampf und eine umfangreiche Information derBürger über die hohen Kosten durch eine Umbenennung. Auf der anderenSeite machten Spitzenpolitiker wie Grünen-Vorsitzende Claudia Roth,Christian Ströbele (Grüne) und Petra Pau (Linkspartei) Werbung fürdie Dutschke-Straße. Auch Marek Dutschke, jüngster Sohn von RudiDutschke, engagierte sich für eine Straße mit dem Namen seinesVaters.