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Berlin-Besuch Berlin-Besuch: Obama übergibt den Staffelstab an Angela Merkel

Von Daniela Vates 17.11.2016, 14:28
US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin.
US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. dpa

Berlin - Der Präsident hat sein eigenes Wasser mitgebracht. Sorgfältig füllt es einer seiner Mitarbeiter eine Stunde vor der Pressekonferenz in ein Glas auf dem Rednerpult. Er hat dafür eine Wasserflasche und eine Thermoskanne mitgebracht. Ein weißer Papierdeckel aufs Glas – sicher ist sicher, auch auf den letzten Metern der Präsidentschaft. Auch im Kanzleramt. Bloß kein Risiko eingehen. Auch nicht, wenn man neben Angela Merkel steht, die keinen Glasdeckel braucht und die Barack Obama gleich wieder überschwänglich loben wird.

Gute zwei Stunden spricht er mit ihr, am Vorabend nach seiner Ankunft hat er bereits drei Stunden mit Merkel beim Abendessen zusammengesessen im Hotel Adlon. Ein weiteres Abendessen steht nach der Pressekonferenz an.

Ein ausführlicher Besuch

Es ist ein sehr ausführlicher Besuch und weil es Barack Obamas Abschiedstour durch Europa als US-Präsident ist, hat das noch größere Bedeutung. Vor einer guten Woche wurde Donald Trump zu Obamas Nachfolger gewählt. Der besucht als erstes Griechenland, die „Wiege der Demokratie“, und dann Deutschland, deren Kanzlerin US-Medien als letzte verbliebene „Führerin der freien Welt“ bezeichnen. Symbolbeladener könnte eine Reise kaum sein. Es wirkt wie eine Art Übergabe, die Weitergabe des Staffelstabs zumindest der internationalen Bedeutung – nicht an Trump, sondern an Merkel.

Trump aber ist an diesem Abend unsichtbar mit im Raum, als derjenige, der ein größeres Risiko darstellt als ein Wasserglas ohne Deckel.

Das ist spürbar, weil beide betonen, in welchen Feldern beide Länder gut zusammenarbeiteten. Das ist zu erkennen bei Obama, der zwar immer wieder betont „Ich bin immer optimistisch.“ Der aber mit Blick auf Trumps künftige Politik immer nur von Hoffnungen spricht, nicht von Sicherheiten. Er hoffe, dass sein Nachfolger im Syrienkonflikt „nicht nur das tut, was gerade passt“. Er habe ihm gesagt, dass ein Wahlkampf etwas anderes sei als das Regieren und hoffe, „dass das etwas ist, worüber er nachdenkt“. Er vermeidet es, Trump beim Namen zu nennen und warnt: „Wenn man das Amt nicht ernst nimmt, wird man es wahrscheinlich nicht lange behalten.“

Merkel bleibt diplomatischer. Sie setze darauf, mit Trump gut zusammenzuarbeiten, sagt sie. Und finde, dass die Übergangsphase sich nun sehr ermutigend anlasse. Und was Übernahme von mehr Verantwortung durch Europa betreffe, die Trump fordert – damit habe man ja sowieso schon angefangen.

Fällt ihr der Abschied von Obama schwer, wird sie von einer Journalistin gefragt. „Klar. Aber wir sind alle Politiker. Demokratie lebt vom Wechsel“, sagt Merkel. Man müsse nun eben nach vorne blicken. Fast ein wenig schroff klingt, das vor allem weil Obama sie vorher so schwärmerisch gelobt hat – als stark, zielstrebig und wertgebunden. Er hat sie als überragend bezeichnet und als großartige Freundin.

Obama würde Merkel wohl wählen

„Ich empfinde das als gute Botschaft und als Ermutigung“, entgegnet Merkel. Es wirkt nicht, als wäre da die große Herzlichkeit entstanden, wie es Obama suggeriert, und wie es auch in der Bundesregierung heißt. Aber Merkel kämpft in der Pressekonferenz erstens gegen einen Hustenreiz. Außerdem würden zu große öffentliche Wehmutsbekundungen Richtung Obama das Gespräch mit Trump vermutlich nicht einfacher machen. Man könnte das als Zeichen nehmen, dass Merkel sich entschlossen hat, ein weiteres Mal als Kanzlerkandidatin anzutreten bei der nächsten Bundestagswahl. Obama sagt, sie werde in diesem Fall „eine schwere Last tragen“.

Aber Merkel sei ja tough. Und dann gibt er noch eine Wahlempfehlung ab, eine fast klare zumindest, die das diplomatische Protokoll vermutlich gerade noch zulässt. „Wenn ich Deutscher wäre und wählen könnte, würde ich sie vielleicht unterstützen“, sagt er. Er wägt seine Worte dabei und formuliert langsam. Er sagt, er wisse nicht, ob seine Worte ihr nun eher schaden oder nutzen würden. Merkel so scheint es, hält bei seinen Worten ein wenig die Luft an. Ihre Entscheidung wird in den nächsten Tagen erwartet.

Obama ist da schon wieder weg. Er sei aber nicht zum letzten Mal in Deutschland gewesen, sagt er noch. Das Oktoberfest zum Beispiel habe er bislang immer versäumt. Allerdings sei es vermutlich einfacher, das als Nicht-Mehr-Präsident zu besuchen. Man stelle sich sonst den Mitarbeiter vor, der einen Bierkrug des Weißen Hauses anschleppt, aus einer Thermoskanne Bier eingießt und sorgfältig einen weißen Pappdeckel darüber legt.