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Bericht zur Deutschen Einheit Bericht zur Deutschen Einheit: Der Rechtsextremismus im Osten ist ein Problem

Von Markus Decker 30.09.2016, 18:13
Die Ostbeauftragte der Bundesrepublik Iris Gleicke von der SPD will die Probleme, die es im Osten Deutschlands gibt, beim Namen nennen.
Die Ostbeauftragte der Bundesrepublik Iris Gleicke von der SPD will die Probleme, die es im Osten Deutschlands gibt, beim Namen nennen. dpa

Die Ostbeauftragte der Bundesregierung, zuletzt vielfach kritisiert, blieb standhaft. „Ich betrachte es als meine Aufgabe, Probleme zu benennen“, sagte Iris Gleicke von der SPD am Freitag im Bundestag. Dabei verwies sie auf die massive Zunahme fremdenfeindlicher Straftaten in den ostdeutschen Ländern. Auch der Anteil der Rechtsextremisten an der Bevölkerung liege dort deutlich über dem Durchschnitt in jedem westdeutschen Land. „Sollen wir das ignorieren und hoffen, dass sich das von selbst erledigt?“, fragte die Thüringerin.

Der Bundestag debattierte gestern über den Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit, in dem Gleicke den Rechtsextremismus im Osten ähnlich prominent zum Thema gemacht hatte und dafür gescholten worden war – nicht zuletzt von ostdeutschen Ministerpräsidenten. Spätestens ihr Einstieg in die gestrige Debatte sorgte dafür, dass es auch deren beherrschender Gegenstand wurde.

Zwar ging es natürlich wie immer auch um die anhaltend große wirtschaftliche Kluft. Die linke Parlamentarierin Susanna Karawanskij zitierte einen Satz, den sie zuletzt daheim im sächsischen Oschatz gehört hatte: „Wenn Du was werden willst, musst Du in den Westen gehen.“ Das sei doch „eine Bankrotterklärung“ für den Aufbau Ost, befand sie und fuhr fort: „Der Osten ist alt und arm.“

Tourismus-Boom an der Ostsee

Eckhardt Rehberg von der CDU Mecklenburg-Vorpommern widersprach deutlich. Er habe seine Söhne zum Bleiben aufgefordert, weil es im Osten genug Chancen gebe. An der Ostsee boome der Tourismus wie nie. Auch sei der Mittelstand erfolgreich. „Der Osten ist nicht arm und alt“, betonte Rehberg – und, an Karawanskij gewandt: „Wer so redet wie Sie, der trägt zur Vergreisung Ostdeutschlands bei.“

Auch Katrin Göring-Eckardt nannte das von der Linken gezeichnete Bild allzu einseitig. Denn es gehe nicht allen Regionen schlecht. Die grüne Fraktionschefin trat nicht nur als Rednerin auf; sie war auch die einzige Fraktionsvorsitzende, die überhaupt im Plenum war – drei Tage vor der Einheitsfeier in Dresden. Kanzlerin Angela Merkel schaute bei Rehbergs Rede vorbei – und war bei der Rede ihres anderen Parteifreundes Arnold Vaatz dann auch schon wieder weg.

Dabei entgingen ihr viele Passagen zum Thema Rechtsextremismus. „Ja, wir haben ein Rassismus-Problem im Osten“, sagte die Grüne Monika Lazar aus Leipzig. Es scheine, als ob Teile der Bevölkerung Gewalt gegen Flüchtlinge akzeptiere. Göring-Eckardt pflichtete bei. Der Osten habe die niedrigste Ausländerquote und die höchste Fremdenfeindlichkeit, so die Thüringerin. „Fremdenfeindlichkeit ohne Fremde – das muss man erst mal hinkriegen.“

Rechtsextremismus hat tiefe Wurzeln

Die Union jedoch wollte von all dem wenig hören. Rehberg warf Gleicke vor: „Sie stigmatisieren 16 Millionen Ostdeutsche.“ Vaatz unterstrich: „Der Rechtsradikalismus hat tiefe Wurzeln; er kommt sogar schon aus der DDR.“ Der Sachse räumte ebenfalls ein: „Uns belastet Pegida.“ Er relativierte danach indes nach Kräften. So stellte der CDU-Politiker indirekt infrage, ob man die AfD tatsächlich rechts nenne könne, um noch dazu festzustellen, dass führende AfD-Vertreter aus dem Westen kämen. „Mehr braucht man dazu nicht zu sagen.“

Er verwies auf marodierende Linksradikale in Leipzig, über die in der ganzen Debatte kein Wort verloren werde. Und schließlich beklagte er, dass  es einst die Linksradikalen in der alten Bundesrepublik gewesen seien, die die Hemmschwelle zur Gewalt gesenkt hätten.

An der Debatte nahmen übrigens neun Abgeordnete als Redner teil. Acht von ihnen kamen aus dem Osten – und eine aus dem Westen.