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Bericht vorgelegt Bericht vorgelegt: Armut in Deutschland nimmt zu

02.03.2005, 13:50
Armutsrisiko in Deutschland (Grafik: dpa)
Armutsrisiko in Deutschland (Grafik: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Von den Familien sind sogar 13,9Prozent arm. Damit gelten über elf Millionen Bundesbürger als arm.Der Arbeitsplatzverlust gilt weiterhin als größtes Armutsrisiko.

Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte, die rot-grünenReformen dienten dazu, das Armutsrisiko zu senken. Investitionen inBildung, Kinderbetreuung und die bessere Vermittlung von Arbeitslosen«sind die Antworten auf die Probleme, die im Armutsbericht genanntsind». Die Entwicklung hat nach Schmidts Auffassung ihren Grund inder Weltwirtschaftsflaute nach dem 11. September 2001.

Deutschland zähle trotz hoher Arbeitslosigkeit nach wie vor zu denEU-Ländern mit dem niedrigsten Armutsrisiko, sagte Sozial-Staatssekretär Franz Thönnes (SPD) nach der Verabschiedung desBerichts im Bundeskabinett. Es sei trotz der ungünstigen Entwicklungkeine gesellschaftliche Gruppe «abgehängt» worden. Die Zahlenzeigten, dass der Sozialstaat und die sozialen Sicherungssystemefunktionieren. Anders als die Vorgängerregierungen habe sich Rot-Grünan eine solche Bilanz herangetraut, sagte Thönnes. Auch die Grünensehen in der schlechten Konjunktur die Ursache für die «verfestigteArmut».

CDU-Generalsekretär Voker Kauder sieht in dem Bericht den Beweis,dass unter Rot-Grün «die Armen immer ärmer und die Reichen immerreicher werden». Die Regierung habe «auf ganzer Linie versagt». Erforderte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erneut auf, einSofortprogramm gegen die Massenarbeitslosigkeit zu beschließen. Auchdie FDP gab der Regierungspolitik die Schuld an der wachsenden Armutin Deutschland und sprach von einem «Armutszeugnis».

DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer forderte Bund, Länder undKommunen auf, Finanzierungsspielräume für zusätzliche Investitionenund damit für mehr Beschäftigung zu schaffen. Die GewerkschaftErziehung und Wissenschaft (GEW) verlangte Gebührenfreiheit imKinderhort für Familien mit Arbeitslosengeld II. Kinder aus armenFamilien müssten mehr gefördert werden. Nur so sei der «Teufelskreis»von Bildungs- und finanzieller Armut zu durchbrechen.

Dem Bericht zu Folge erhöhte sich die Armutsquote bei Kindern undJugendlichen innerhalb der letzten fünf Jahe deutlich. Der Anstiegwäre noch deutlicher ausgefallen, hätte Rot-Grün nicht das Kindergeldspürbar heraufgesetzt, sagte Thönnes. Ein weit über dem Durchschnittliegendes Armutsrisiko weist der Bericht - noch vor dem Start derHartz-IV-Reform - für Arbeitslose (40,9 Prozent) und für alleinErziehende mit 35,4 Prozent aus.

Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschungin Berlin hängt die Einkommensposition von Familien nicht nur von derErwerbssituation der Haushaltsmitglieder ab, sondern auch vom Alterder Kinder. Das Armutsrisiko von Familien sei umso höher, je geringerdas Alter des jüngsten Kindes ist. Das gelte vor allem fürAlleinerziehende.

Die christlichen Kirchen äußerten sich bestürzt über dasAusmaß der Armut in Deutschland und warnten zugleich vor Kürzungenstaatlicher Unterstützung. Der Kölner PolitikwissenschaftlerChristoph Butterwegge forderte eine «neue Kultur der Solidarität».«Solange die Gesellschaft auf Konkurrenz und Leistung getrimmt wird,solange wird man auch an diesem Problem des Auseinanderfallens in Armund Reich nichts ändern können», sagte Butterwegge der dpa.