Bericht des Bericht des : Quellen entkräften Vorwürfe
Köln/MZ. - Der „Spiegel“ hat am 13. Februar einen Artikel über den Verlag M. DuMont Schauberg und die Familie Neven DuMont veröffentlicht. Im Zentrum steht der Vorwurf, Verlag und Familie hätten von Enteignungen jüdischen Besitzes durch die Nationalsozialisten profitiert. Der „Spiegel“ beruft sich mit seinen Behauptungen auf die Recherchen eines Kölner Journalisten, die jedoch einer sorgfältigen Prüfung der Quellen nicht standhalten. In keinem einzigen der vom „Spiegel“ angeführten Fälle haben Verlag oder Familie von der Enteignung jüdischen Besitzes profitiert, wie eine Gegenüberstellung der Vorwürfe und der Fakten zeigt.
SPIEGEL: Im Oktober 1941 erwarb Neven DuMonts Frau Gabriele danach ein großes Grundstück in der Nachbarschaft ihres Wohnhauses in der Goethe Straße, Kölns bester Wohngegend. Es gehörte Albert Ottenheimer, einem jüdischen Stahlkaufmann, den die Nazis zur Emigration zwangen. Die DuMonts zahlten einem „Abwesenheitspfleger“ dafür den Schleuderpreis von 29 130 Reichsmark (RM).
DIE FAKTEN: Bei dem „großen Grundstück in Kölns bester Wohngegend“ handelte es sich um das Grundstück Leyboldstraße 19 in Köln-Marienburg. Das Grundstück war 1842 Quadratmeter groß und unbebaut. Im Jahre 1941 bot der Diplomkaufmann Richard Fuchs, der vom Amtsgericht Köln als Abwesenheitspfleger Albert Ottenheimers eingesetzt worden war, dieses Grundstück Gabriele Neven DuMont, der Mutter des heutigen Verlegers Alfred Neven DuMont, zum Kauf an. Damit sollte eine durch Gläubiger Ottenheimers betriebene Zwangsversteigerung abgewendet werden. Der Kaufpreis betrug ursprünglich 32 150 RM. Nachdem festgestellt worden war, dass sich auf dem Grundstück erhebliche Mengen an Bauschutt und Reste der Betonkellermauern und Betonfundamente des früher auf diesem Grundstück stehenden, seit längerem abgerissenen Hauses befanden, wurde der Kaufpreis auf 29 130 RM reduziert.
Dieser Preis entsprach in etwa dem damaligen Verkehrswert. 32.150 RM war im Jahr 1941 immerhin der 15-fache Jahresbruttolohn eines Arbeiters und der elffache Jahresbruttolohn eines durchschnittlichen Angestellten. Ein Kölner Makler bot zur gleichen Zeit an: „Freistehende Villa Marienburg, allerbeste ruhige Lage, beste Ausführung, bequem zu bewirtschaften, Erdgeschoß: 3 Zimmer, Gartenterrasse, Küche, Anrich-te, Garderobe, WC, Diele; Obergeschoß: 3 Schlafzimmer, Ankleidezimmer, Bad; Dachgeschoß: 3 Zimmer, Bad, schöner Garten 2.000 qm, kann auch mit nur 1.000 qm verkauft werden. Preisforderung 80.000 RM, bzw. 60.000 RM“.
Ein weiteres Einfamilienhaus in Marienburg - „8 Zimmer, 3 Wohnmansarden, Garten, Heizung, Bad muß eingebaut werden“ - wurde von einer Maklerin für 36 000 RM angeboten. In beiden Fällen ging es um bebaute Grundstücke, nicht um einen mit Bauschutt und Fundamentresten belasteten Grund.
SPIEGEL: Bereits im Januar 1938 griff sich der Verlag über seine Versorgungskasse ein Anwesen in der Luxemburger Straße. Das Haus gehörte dem Kaufmann Emil Lippmann, den die Nazis - wie viele Juden - der „Rassenschande“ verdächtigten und der wenig später starb.
DIE FAKTEN: Der Verlag hat sich weder „über seine Versorgungskasse“noch in sonstiger Weise irgend etwas „gegriffen“. Auch die Versorgungskasse hat dies nicht getan. Der Verlag M. DuMont Schauberg konnte sich „über seine Versorgungskasse auch nichts „greifen“: Bei der „Versorgungskasse für die gegen Gehalt Angestellten der Firma M. DuMont Schauberg“ handelte und handelt es sich um einen rechtlich selbstständigen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, dessen Vermögen der Nutznießung durch den Verlag entzogen ist und allein der Versichertengemeinschaft zusteht. Dieser Kasse wurden im Jahre 1938 diverse Grundstücke angeboten, darunter ein kleines Mehrfamilienhaus in der Luxemburger Straße aus dem Besitz von Emil Lippmann, für das 38 .000 RM bezahlt wurden. Zum gleichen Zeitpunkt kaufte die Versorgungskasse von einem weiteren, nicht verfolgten Kölner Bürger zwei entsprechende Mietshäuser zum Preis von insgesamt 75 000 RM. Kurz nach dem Krieg verkaufte die Versorgungskasse das von Emil Lippmann gekaufte Haus für 33 000 Deutsche Mark (DM), nachdem Lippmanns Erben auf Rückerstattungsansprüche verzichtet hatten.
SPIEGEL: Ein besonderes Schnäppchen machten die DuMonts im Oktober 1941. Neben der Verlagszentrale im Kölner Zentrum waren gleich 3 Häuser frei geworden, die ihnen der Gerling-Konzern verkaufte. Gerling selbst fungierte nur als Zwischenhändler und hatte die Immobilien erst kurz zuvor bekommen. Geräumt wurden die Häuser allerdings nicht ganz freiwillig: Der Eigentümer Fritz Brandenstein, der dort als langjähriger Nachbar der DuMonts eine Wäschefabrik betrieb, war 1938 ins KZ Dachau eingeliefert worden, später konnte er emigrieren.“
DIE FAKTEN: Dieses Beispiel zeigt am deutlichsten, was von der Berichterstattung des „Spiegel“ zu halten ist: Es wird der Eindruck erweckt, der Eigentümer Fritz Brandenstein sei im Jahre 1938 in das KZ Dachau eingeliefert worden, wodurch das Grundstück frei geworden sei; die Familie Neven DuMont habe es dann erworben und dabei den Gerling-Konzern als „Zwischenhändler“ benutzt, um diese „Tat“ zu verdecken.
Tatsächlich waren die drei zusammengehörenden Grundstücke der Firma Brandenstein & Rose KG mit erheblichen Grundschulden verschiedener Gläubiger belastet, darunter das Kölner Bankhaus A. Levy und die Gerling-Konzern Lebensversicherungs AG. Bereits im Jahr 1933, also noch vor jeglicher Arisierung, hatten Gläubiger die Zwangsversteigerung anordnen lassen. Im Jahre 1937 wurde sie dann erneut angeordnet und im Frühjahr 1938 durchgeführt. Ersteigerer war der Gerling-Konzern, der den Zuschlag für 46 000 RM erhielt.
Gabriele Neven DuMont kaufte die Grundstücke am 23. März 1941, also drei Jahre nachdem der Gerling-Konzern die Grundstücke erworben hatte. Bezahlt wurden 255 000 RM, also mehr als das Fünffache des Betrags, den Gerling 1938 entrichtet hatte. Es ist kaum davon auszugehen, dass der Gerling-Konzern ein ihm gehörendes Grundstück unter Wert verkauft hätte.
SPIEGEL: Die Kölner Verlegerfamilie Neven DuMont inszeniert sich gern als Opfer der Nazis. In der Jubiläumsausgabe zum 200-jährigen Bestehen des Verlages 2002 ließ Alfred Neven DuMont auch die antifaschistische Haltung des Hauses wieder einmal hochleben.
DIE FAKTEN: Die Familie Neven DuMont hat sich nie als Opfer der Nazis inszeniert. In Berichterstattungen, die die Zeit zwischen 1933 und 1945 beleuchten, ist allerdings darauf hingewiesen worden, dass die Nationalsozialisten der „Kölnischen Zeitung“ des Verlages mit allen Mitteln zusetzten, um eine Zwangsfusion mit dem „Westdeutschen Beobachter“ zu erreichen, der den Nationalsozialisten gehörte. Gegen diese Pressionen hat sich die Familie Neven DuMont vehement zur Wehr gesetzt, um die Eigenständigkeit der „Kölnischen Zeitung“ zu erhalten. Dazu schrieb Alfred Neven DuMont 2002 in der Jubiläumsausgabe: „Doch war diese Zeit ein ständiger Drahtseilakt, fast unvorstellbar in der Gegenwart und nicht zu vergleichen mit der Lebenspraxis in einem freien demokratischen Staatswesen. Offen reden konnte man damals nur in den eigenen vier Wänden.“