Benjamin Hoff im Interview Benjamin Hoff: "Eine Angleichung des Rentenniveaus 2025 ist viel zu spät"

Berlin - Der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), kritisiert die rentenpolitischen Beschlüsse der großen Koalition.
Herr Hoff, die Ost-Renten sollen erst bis 2025 an das West-Niveau angeglichen werden und nicht schon bis 2020. Können Sie damit leben?
Wie immer ist Gutes und Schlechtes nah beieinander. Ich bin froh, dass die große Koalition auf Bundesebene über 25 Jahre nach der deutschen Einheit endlich die Kraft gefunden hat, einen genauen Termin zu nennen, wann die Einheit beim Rentenniveau herzustellen ist. Aber 2025 ist natürlich deutlich zu spät.
Dabei soll die Höherwertung der Ost-Löhne abgeschmolzen werden. Es wird unter den Ost-Rentnern also auch Verlierer geben.
Rentengerechtigkeit bedeutet, dass man gesamtdeutsch eine Rentenangleichung hat. Und das heißt, dass im Einzelfall nicht jeder besser gestellt wird, sondern in der Gesamtsumme zwischen Ost und West Gleichheit herrscht. Das ist auch in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, dass das bis 2025 dauert.
Letztlich geht es ums Geld.
Geld ist nie genug da. Man muss sich einfach überlegen, wofür man es ausgibt. Die Verhinderung von Altersarmut dürfte jedenfalls eine wesentliche Aufgabe einer künftigen rot-rot-grünen Bundesregierung sein. Denn die Beschlüsse der Koalition haben nicht dazu geführt, dass diese Aufgabe kleiner geworden ist.
Inwiefern?
Ein Problem ist, dass die Arbeitgeber nicht paritätisch an der Rentenversicherung beteiligt werden. Dieses Grundprinzip war aber für unseren Sozialstaat grundlegend. Es gibt keinen Grund, die Arbeitgeber hier rauszunehmen. Überdies haben wir weiterhin Berufsgruppen, die weder in die Kranken- noch in die Rentenversicherung einzahlen: vor allem die Beamten. Auch die gehören mit rein. Und schließlich müssen wir zwei Gruppen besonders in den Blick nehmen: nämlich diejenigen, die gebrochene Erwerbsbiografien haben, und diejenigen, die trotz verdammt harter Arbeit ein verdammt kleines Gehalt bekommen – Krankenschwestern, Putzkräfte, Bauarbeiter.
Auf eine Sicherung des gesetzlichen Rentenniveaus konnte sich die Koalition nicht verständigen. Darüber sind Sie demzufolge ebenfalls nicht glücklich.
Es wäre der richtige Weg, ein bestimmtes Niveau zu sichern. Die Frage ist: Reicht das Rentenniveau aus? Ich halte an dieser Stelle viel von der Forderung meiner Partei, eine Mindestrente von 1050 Euro einzuführen. Wenn man das erst mal als Grundlage hat, dann kann man über das Rentenniveau diskutieren. Die große Koalition hat nur nicht die Kraft dazu.
Die Linke will das Rentenniveau laut Entwurf des Bundestags-Wahlprogramms auf 53 Prozent anheben. Sie wissen selbst, dass das Unsummen Kosten würde, irgendwas zwischen 50 und 80 Milliarden Euro. Woher soll das Geld denn kommen?
Ich sage: Die Haltung der Bundesarbeitsministerin, die eine Haltelinie von 46 Prozent und eine Ziellinie von 48 Prozent anvisiert, geht in die richtige Richtung – aber nur, wenn man eine Mindestrente hat. Dann kann man vor dem Hintergrund der Finanzierung über jeden einzelnen Prozentpunkt reden.
Hand aufs Herz: Täte sich bei der aktuellen demografischen Entwicklung nicht auch eine linke Regierung wahnsinnig schwer, den Renten-Verfall aufzuhalten? Die Alterung der Gesellschaft kommt in Ihren Debatten gar nicht vor.
Ja, die demografische Entwicklung ist tatsächlich ein Problem. Doch so lange man die von mir eben benannten Gruppen nicht in die Rentenversicherung einbezieht, kann man das nicht als Hauptargument nehmen.