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Belgien sucht Ausweg aus Regierungskrise

20.12.2008, 15:02

Brüssel/dpa. - Nach dem Scheitern der Regierung von Premierminister Yves Leterme sucht Belgien einen Ausweg aus der schweren politischen Krise. König Albert II. erörterte am Samstag in seiner Brüsseler Residenz mit Spitzenpolitikern die Lage.

Das Rücktrittsangebot, das ihm Leterme am Freitagabend nach der Zuspitzung der Fortis-Affäre für die gesamte Regierung überbracht hatte, nahm der Souverän zunächst nicht an. Leterme soll im Rechtsstreit um den Fortis-Verkauf Druck auf die Justiz ausgeübt haben.

Bei der mit heißer Nadel eingeleiteten Zerschlagung des Finanzkonzerns Fortis spielte der belgische Staat eine Schlüsselrolle. Die größte Bank Belgiens war wegen der Finanzkrise in schwere Turbulenzen geraten. Leterme hat die Vorwürfe der Justizbeeinflussung bislang stets bestritten.

König Albert II. empfing am Samstag zunächst Justizminister Jo Vandeurzen. Der Parteifreund Letermes hatte am Freitag als erster das Handtuch geworfen und damit den kollektiven Fall der Regierung ausgelöst. Auch sein Demissionsgesuch nahm der König zunächst nicht an. Auf der Besucherliste des Palastes standen zudem Parlamentspräsident Herman Van Rompuy und Senatspräsident Armand De Decker.

Bereits in der Nacht zum Samstag war Albert II. mit den Vorsitzenden der in der Koalition vertretenen Parteien zusammengekommen. Als letzte verließ am frühen Morgen Marianne Thyssen, Vorsitzende der flämischen Christdemokraten, das Schloss. Die Gespräche beim König sind vertraulich.

Die Medien des Landes trauen Leterme kaum noch zu, die Krise zu lösen. Sie erinnerten am Samstag daran, dass Leterme bereits zum vierten Mal am Ende sei. Im vergangenen Jahr war er zweimal als designierter Regierungschef gescheitert und hatte seinen Rücktritt eingereicht. Mitte Juli 2008 schließlich wollte der 48 Jahre alte Flame wegen des Konflikts um die Staatsreform zurücktreten. Der König nahm sich drei Tage Zeit und wies die Demission dann zurück. «Hat er nicht seine ganze Glaubwürdigkeit verloren?», fragte die französischsprachige Tageszeitung «La Libre Belgique».

Leterme führt erst seit März eine Fünf-Parteien-Koalition. Politische Beobachter warnen vor Neuwahlen, da sich das Land wie andere EU-Staaten auch in einer Wirtschaftskrise befinde und deshalb eine Regierung brauche.