Befreite Geisel auf dem Weg nach Deutschland
Kabul/Korbach/dpa. - Am Tag nach ihrer Befreiung aus der Geiselhaft in Afghanistan ist die deutsche Entwicklungshelferin Christina M. nach Hause geflogen. «Christina ist jetzt in der Luft und auf dem Weg nach Hause», sagte der Geschäftsführer der Hilfsorganisation ora international, Matthias Floreck, am Dienstag in Korbach (Hessen).
Nach seinen Angaben ist die 31-Jährige zusammen mit ihrem Mann an Bord einer Maschine der Bundeswehr.
Der Vertreter von ora international Joop Teeuwen sagte am Dienstag in Kabul, die Organisation setze ihre Arbeit in Afghanistan aus. «Wir haben alle unsere Operationen mindestens für diese Woche suspendiert.» Teeuwen sagte, zunächst müssten die Hintergründe der Geiselnahme restlos geklärt werden, bevor über eine Fortsetzung der Arbeit von ora international entschieden werden könne.
Die Hilfsorganisation habe ihre Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Mitarbeitern sei derzeit untersagt, sich zu Fuß zu bewegen. Er wies Vorwürfe zurück, Christina M. habe sich leichtsinnig verhalten. In dem Viertel, in dem die schwangere Frau verschleppt wurde, sei zuvor von keinen Versuchen berichtet worden, Ausländer zu entführen. Er habe den Eindruck, Christina M. sei zufällig zum Opfer geworden.
Die Entführer hätten die Geisel den Umständen entsprechend gut behandelt, sagte Teeuwen. Eine ärztliche Untersuchung nach der Befreiung habe ergeben, dass Christina M. gesund sei. Die Entwicklungshelferin war am Samstagmittag aus einem Imbiss in Kabul verschleppt worden. In der Nacht zum Montag hatten afghanische Polizisten und Geheimdienstmitarbeiter sie aus einem Haus in Kabul befreit. Vier mutmaßliche Entführer wurden verhaftet. Sie hatten nach Angaben des afghanischen Innenministeriums eine kriminelle Bande gebildet und wollten Lösegeld erpressen.
Nach Angaben von ora-Geschäftsführer Floreck soll die Ex-Geisel nach ihrer Rückkehr nach Deutschland zunächst von der Öffentlichkeit abgeschirmt werden. «Das Auswärtige Amt wird Christina nach dem üblichen Prozedere erst einmal ein paar Tage abschirmen. Weil auch wir das für sinnvoll halten, mischen wir uns da nicht ein», sagte Floreck. Die aus dem Schwarzwald stammende Entwicklungshelferin hatte das Kabuler Büro von ora geleitet.
Derzeit sind noch ein deutscher Bauingenieur sowie 19 Koreaner in Afghanistan in der Hand von Geiselnehmern. In beiden Fällen gab es bis Dienstagmittag keine neuen Berichte. Die Geiseln werden seit knapp fünf Wochen in den Bergen weit von der Hauptstadt Kabul festgehalten. Die Koreaner sollen in der Hand von Militanten der radikalislamischen Taliban sein. Zwei der ursprünglich 23 Geiseln haben die Entführer bereits erschossen, zwei kranke Frauen ließen sie frei. Bei den Kidnappern des Deutschen soll es sich um den Taliban nahestehende Kriminelle handeln.