1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Bayern: Bayern: Stoiber deutet erstmals für 2008 seinen Verzicht an

Jetzt live!

Bayern Bayern: Stoiber deutet erstmals für 2008 seinen Verzicht an

15.01.2007, 07:31
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) schüttelt beim Neujahrsempfang der Staatsregierung am 12. Januar die Hand der Fürther Landrätin Gabriele Pauli, rechts steht seine Frau Karin Stoiber. (Foto: dpa)
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) schüttelt beim Neujahrsempfang der Staatsregierung am 12. Januar die Hand der Fürther Landrätin Gabriele Pauli, rechts steht seine Frau Karin Stoiber. (Foto: dpa) dpa

Kreuth/München/dpa. - Bei der Landtagswahl 2008wolle er wieder als Spitzenkandidat antreten, müsse dies aber nicht,sagte der CSU-Vorsitzende am Montagabend nach Teilnehmerangaben beieinem Krisengespräch mit dem erweiterten Vorstand derLandtagsfraktion in Kreuth.

Zuvor hatte Stoiber den CSU-Vize Horst Seehofer als erste Wahl fürhöchste Ämter bezeichnet. Mit einem Bericht der «Bild»-Zeitung übereine angebliche Liebesaffäre Seehofers war der Machtkampf in derRegierungspartei am Montag zur Schlammschlacht eskaliert.

«Ich möchte für meine Ziele kämpfen, auch wieder antreten, muss esaber nicht», sagte Stoiber den Teilnehmerangaben zufolge wörtlich inKreuth. Er wolle auf die Fraktion zugehen, hieß es am Abend weiter.Bei dem fünfstündigen Gespräch wurde Stoiber mit ausführlicher Kritikder CSU-Landtagsabgeordneten konfrontiert. Über die Nominierung solleein Parteitag im Herbst entscheiden, sagte Stoiber nach den Angaben.Wenn nicht mehr er antrete, dann solle der Parteitag geschlosseneinen neuen Kandidaten küren.

Führende CSU-Politiker verurteilten scharf den «Bild»-Bericht mitInformationen über eine angebliche außereheliche Affäre Seehofers,der als Favorit für eine mögliche Nachfolge Stoibers im Amt des CSU-Chefs gilt. Das Blatt berief sich auf Getuschel von «Parteifreunden».Stoiber selbst bekannte sich demonstrativ zu Seehofer: «Er ist undbleibt für höchste Ämter erste Wahl.» Seehofer «hat meinuneingeschränktes Vertrauen und das Vertrauen der CSU», ließ derParteichef über einen Parteisprecher mitteilen. «Horst Seehofer istein politisches Alpha-Tier unserer Partei.» Er finde es«unanständig», was in Medien gestreut werde.

Die Bayern-SPD will notfalls per Volksentscheid Neuwahlenerzwingen, falls Stoiber nicht freiwillig geht. Auch nachKrisengesprächen des Ministerpräsidenten mit CSU-FraktionschefJoachim Herrmann und Landtagspräsident Alois Glück in derStaatskanzlei hatte sich kein Weg aus der Führungskrise abgezeichnet.Abgeordnete zeigten sich skeptisch, ob die Fraktion am Dienstag dievon Stoiber gewünschte Solidaritätserklärung abgeben wird. Angeblichsei nur noch eine Minderheit für Stoiber, sagte ein Vorstandsmitgliedund räumte zugleich ein: «Aber ich weiß nicht, ob das stimmt.» EinKrisengespräch mit dem Vorstand der Landtags-CSU in Kreuth verliefnach Angaben Herrmanns in «sehr guter, sachlicher, fairer»Atmosphäre. Zum Inhalt machte Herrmann keine Angaben.

Die Debatte um Stoibers Zukunft wurde überschattet von denGerüchten über Seehofers Privatleben. CSU-Vize Barbara Stamm warntevor einer Schlammschlacht. «Hier wurde eine Grenze überschritten.Jetzt sind wir wirklich im untersten Keller gelandet», sagte sie dem«Münchner Merkur» (Dienstag). SPD-Landtagsfraktionschef Franz Magetunterstellte eine gezielte Kampagne gegen Seehofer. Er sah Parallelenzu dem Machtkampf zwischen Stoiber und Theo Waigel 1993: «Da wurdeeine ähnliche Methode angewendet. Und bei Frau Pauli war es genauso.»Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli, die mit Spitzelvorwürfen gegendie Staatskanzlei die Krise ausgelöst hatte, sagte «Cicero Online»,es gebe offensichtlich das Interesse, Seehofer aus dem Rennen zudrängen.

CSU-Generalsekretär Markus Söder forderte Geschlossenheit: «Ichgehe davon aus, dass die Fraktion Edmund Stoiber das Vertrauenausspricht.» Auch Herrmann gab Stoiber demonstrativ Rückendeckung:«Wir stehen zu unserem Ministerpräsidenten.» Am Wochenende hatteHerrmann als erster CSU-Spitzenpolitiker die SpitzenkandidaturStoibers bei der Landtagswahl 2008 in Frage gestellt.

Auch Innenminister Günther Beckstein (CSU), der als ein möglicherNachfolger Stoibers als Regierungschef gilt, stärkte dem CSU-Cheferneut den Rücken. «Edmund Stoiber ist derjenige, hinter dem wirstehen», sagte er im Deutschlandfunk. Er selbst werde nie gegenStoiber kandidieren. Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) erwartete,dass über die Spitzenkandidatur 2008 auf einem Parteitagvoraussichtlich im September entschieden wird. Auch Huber gilt alsein möglicher Nachfolger Stoibers als Regierungschef.

Unterdessen erwartet Vizekanzler Franz Müntefering (SPD), dassStoiber seine Ämter behalten wird. «Alle möglichen Kandidaten habensich so verhakt, dass er am Ende übrig bleiben wird.» Der großenKoalition schade die CSU-Krise nicht. Nach Ansicht von SPD-Chef KurtBeck hat der Machtkampf indes auch Folgen für Berlin. «Ich sehe dieKoalition nicht in Gefahr, aber die Handlungsfähigkeit der Regierungist schon tangiert», sagte er am Montagabend. Dies sei der Fall, weilnicht klar sei, mit wem man es zu tun habe und welche inhaltlicheRolle die CSU künftig in der Regierung spielen wolle.