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Bali-Klimakonferenz stellt Weichen für neues Abkommen

15.12.2007, 15:01

Nusa Dua/dpa. - Nach tagelangem Ringen haben 187 Länder bei der Weltklimakonferenz auf Bali den Startschuss für Verhandlungen zu einem neuen Klimaabkommen gegeben.

Das neue Abkommen soll bis 2009 entstehen und dann sichern, dass der weltweite Treibhausgasausstoß bis Mitte des Jahrhunderts deutlich gesenkt wird. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte am Samstag im Konferenzort Nusa Dua, es sei «weit mehr erreicht worden, als angesichts der Interessenlagen zu erwarten» gewesen sei. Allerdings sei nach harten Verhandlungen «aber auch weniger» herausgekommen, als sich die EU und Deutschland gewünscht hätten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete das Ergebnis als einen «großen» Erfolg. «Ich bin fest davon überzeugt, dass sich das Mandat von Bali schon bald als wegweisend und weichenstellend erweisen wird», erklärte Merkel. Das Konferenzergebnis mache den Weg frei für die eigentlichen Verhandlungen über wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz. Merkel lobte die geschlossene Haltung der Europäer auf der Klimakonferenz. «Ohne sie wäre der Erfolg nicht möglich gewesen.» Grüne, Linke und Umweltschützer kritisierten das Bali-Ergebnis.

Wichtig ist laut Gabriel, dass es nun einen Verhandlungsauftrag für ein neues Weltklimaabkommen «mit deutlich stärkeren» Beiträgen zum Klimaschutz aller Industrieländer einschließlich der USA gebe. Ein Erfolg sei auch, dass erstmals die Entwicklungsländer bei Klimaschutzmaßnahmen mit einbezogen seien. Für echte Fortschritte müsse der Klimaschutz auch künftig ein Thema der Staats- und Regierungschefs sein, sagte der Minister.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte das Bali-Mandat ebenfalls. Das Abschlussdokument sei ein erster entscheidender Schritt hin zu einer Einigung, um die Gefahr des Klimawandels in den Griff zu bekommen. Ban war außerplanmäßig nach Bali zurückgekehrt, um sich in den festgefahrenen Verhandlungsprozess einzuschalten.

An den auf Bali vereinbarten neuen Verhandlungen nehmen auch die USA teil, die das Kyoto-Protokoll als einziges großes Industrieland verweigert haben. Das neue Abkommen soll Ende 2009 bei einer Konferenz in Kopenhagen unterschriftsreif sein, und dann 2012 in Kraft treten, wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft. Dies hatte die Industriestaaten zu einer Minderung der Treibhausgase um durchschnittlich fünf Prozent bis 2012 im Vergleich zu 1990 verpflichtet. Der neue Vertrag soll nach dem Wunsch der Europäer - und auf Empfehlung des Weltklimarats - eine Minderung um 25 bis 40 Prozent bis 2020 festschreiben.

Die Amerikaner wollten sich auf Bali nicht darauf einlassen, dieses Ziel schon explizit ins Verhandlungsmandat zu schreiben. Deshalb enthält das Dokument jetzt lediglich eine Fußnote mit Bezug auf den Weltklimareport, in dem diese Zahlen genannt sind. An der Konferenz hatten mehr als 11 000 Delegierte teilgenommen.

«Vor uns liegt eine riesige Aufgabe», sagte der Chef des UN- Klimasekretariats, Yvo de Boer nach der Einigung. «Wir müssen uns beeilen, denn die Verhandlungsphase ist kurz.» Der Klimaberater der Bundesregierung, Hans Joachim Schellnhuber, sprach von einem «wichtigen Teilerfolg für den globalen Klimaschutz in letzter Minute».

Erstmals sollen in dem neuen Vertrag auch die Entwicklungsländer auf klare Maßnahmen zum Klimaschutz verpflichtet werden. Dazu wird über den Vorschlag der Tropenwaldländer verhandelt, die für den Waldschutz Geld haben möchten. Die Abholzung und Schädigung der Wälder verursacht bereits ein Fünftel der weltweiten Treibhausgase.

Indien setzte unter anderem durch, dass die Industrieländer stärker verpflichtet werden, an Entwicklungsländer saubere Technologien zu liefern. Die Entwicklungsländer betonten immer wieder, dass die Industrieländer durch die Industrialisierung die Atmosphäre verschmutzt hätten und nun auch die Last für die Anpassung an die Folgen zu tragen hätten. Dem stimmte auch Deutschland zu, das international insgesamt eine Milliarde Euro im Jahr für Klimaschutzmaßnahmen ausgibt.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sieht die Konferenz durchaus als Erfolg. Für weitere Klimaschutzziele sei aber auch «eine zukunftsorientiertere Position der US-Regierung» nötig. CSU-Chef Erwin Huber sprach von einem «Schritt nach vorne», mahnte aber weiter entschiedenes Handeln an. Die Unions- Umweltpolitikerin Marie-Luise Dött, erklärte, sie hätte sich zwar konkretere Ergebnisse gewünscht. Doch dürfe man den Erfolg des Gipfels nach den Konflikten vorher nicht kleinreden.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte im NDR, es gebe «ein bisschen Licht, aber sehr viel Schatten». Positiv sei, dass ein Nachfolgeprozess für Kyoto gesichert sei. Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Eva Bulling-Schröter, kritisierte: «Trotz UN-Klimaberichten, trotz Friedensnobelpreis für Al Gore und den UN-Klimarat bewegt sich die internationale Klimadiplomatie weiter im Schneckentempo.»

Umweltorganisationen begrüßten die Weichenstellung von Bali, kritisierten aber einhellig eine zu geringe Substanz. «Wir haben einiges gewonnen, aber längst nicht so viel, wie wir uns erhofft haben», sagte der Klima-Experte Christoph Bals von Germanwatch. «Wir stehen nicht mit leeren Händen da, aber es gibt noch viel Arbeit», sagte Regine Günther vom WWF Deutschland. Die Vereinbarungen enthielten nicht mehr die Ziele zur Verminderung von Treibhausgasen, die vom Weltklimarat gefordert worden seien, erklärte Greenpeace.