Auszeichnung Auszeichnung: Weiter Streit um Daniela Dahn

Berlin/dpa. - Die für diesen Mittwoch geplante Verleihung derLouise-Schroeder-Medaille an die ostdeutsche Schriftstellerin DanielaDahn wird von einem heftigen parteipolitischen Streit begleitet.Scharfe Proteste gab es von der CDU, die Dahn vorwarf, in ihrenSchriften die SED-Diktatur in der DDR zu verharmlosen. Die Autorinwies die Vorwürfe zurück und sprach von Zitaten, die aus demZusammenhang gerissen seien. Für die als Laudatorin vorgesehenefrühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) springt nun derfrühere SPD-Politiker und frisch ernannte Ehrenbürger Berlins, EgonBahr, ein.
Bahr hatte bereits 1999 die Laudatio auf Daniela Dahn gehalten,als sie den Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistikerhielt. Süssmuth hatte am Montag ihre Rede abgesagt, weil sie mitzahlreichen Aussagen der Preisträgerin nicht einverstanden sei.Bereits Ende vergangener Woche hatte die ehemalige Berliner Senatorinund Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Hanna-Renate Laurien (CDU),die ihr 1999 verliehene Schroeder-Medaille aus Protest zurückgegeben.
Die Oppositionsfraktionen kündigten an, die Verleihung zuboykottieren. Für die FDP sind die Verdienste Dahns nicht erkennbar.Die Grünen kritisieren Äußerungen Dahns zur Gleichstellungsfrage.
Kritiker aus den Reihen der früheren Bürgerbewegung in derDDR hatten dem ehemaligen SED-Mitglied Dahn vorgeworfen, sich inihren Texten gegen die Wiedervereinigung ausgesprochen und Partei fürfrühere SED-Funktionäre ergriffen zu haben. Dahn bezeichnete einenTeil der Vorwürfe in einem Interview mit dem «Tagesspiegel»(Dienstagausgabe) gegen sie als «größten Unsinn». Ihre Kritikerwürden sie missverstehen und ihre Ironie nicht erkennen.
Der Rowohlt Verlag bedauerte den Streit um seine Autorin.«Persönlich herabsetzende Angriffe sowie aus dem Zusammenhanggerissene, verfälschte oder gar frei erfundene Zitate sind weniggeeignet, eine faire Auseinandersetzung zu führen.»
Die gelernte Journalistin Dahn gehörte im Oktober 1989 zu denGründern der Bürgerbewegung «Demokratischer Aufbruch». 1998 zog siebei ihrer geplanten Wahl zur Laienrichterin an das BrandenburgerVerfassungsgericht Protest auf sich und wurde schließlich nichtgewählt.
Die Louise-Schroeder-Medaille mit der Inschrift «Menschen einandernahe bringen» wird seit 1998 vom Abgeordnetenhaus an Persönlichkeitenverliehen, die sich um Demokratie, Frieden und Gleichstellung vonMännern und Frauen verdient gemacht haben. Die Auswahl trifft eineKommission des Parlaments, in der Frauen aus den fünf Fraktionensitzen. Die Grünen forderten jetzt, wegen des Parteienstreit solledie Preisträgerin zukünftig von einem unabhängigen Gremiumvorgeschlagen werden.
Die Auszeichnung ist der Erinnerung an die erste und einzige Frauals amtierende Oberbürgermeisterin von Berlin, Louise Schroeder(SPD), gewidmet. 2001 wurde der Preis nicht vergeben. Die CDUverweigerte der inzwischen verstorbenen langjährigenbrandenburgischen Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) dieAuszeichnung.