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Auszeichnung Auszeichnung: Ayaan Hirsi Ali erhält Bürgerpreis von Kassel

Von Britta Erlemann 29.09.2006, 05:57

Kassel/dpa. - Die in Somalia geborene Frau hatte mit ihren kontroversenÄußerungen zum Islam weltweit für Aufregung gesorgt, nicht nur unterMuslimen. Am Sonntag erhält die 36-Jährige in Kassel den Bürgerpreis«Das Glas der Vernunft» - unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen.

Mit dem Preis soll ihr Engagement für die Integration vonAusländern und gegen die Diskriminierung von Frauen gewürdigt werden,hieß es. Die Festrede wird der Journalist und Autor Günther Lachmannhalten, die Laudatio die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer. Der Preisbesteht aus einer von Professor Karl Oskar Blase entworfenen Skulpturund ist mit 10 000 Euro dotiert. Die von privaten Spenden getrageneAuszeichnung wird seit 1991 jährlich an Persönlichkeiten verliehen,die sich um die Ideale der Aufklärung verdient gemacht haben.

Ayaan Hirsi Ali erhielt eine orthodox-islamische Erziehung undwurde als junges Mädchen beschnitten. Im Kindesalter erlitt sie einenSchädelbruch, als ein Koranlehrer sie züchtigte. 1992 sollte sie miteinem ihr bis dahin unbekannten kanadischen Cousin verheiratetwerden, entzog sich aber der Eheschließung, indem sie bei einemZwischenaufenthalt in Deutschland in die Niederlande floh. Dortbeantragte sie Asyl, verschwieg jedoch aus Furcht vor familiärenNachstellungen, dass sie bereits in Kenia Asyl hatte und überDeutschland als Drittland eingereist war. Außerdem gab dieFlüchtende, die eigentlich Ayaan Hirsi Mangan heißt, den Namen ihresGroßvaters «Ali» als Nachnamen an.

In den Niederlanden trat sie aus der Gemeinschaft der Muslime ausund schlug sich ein paar Jahre als Putzfrau, Dolmetscherin undSozialarbeiterin durch. Sie arbeitete unter anderem in Frauenhäusern,wo sie mit dem Elend muslimischer Frauen und sexuellem Missbrauch inden Familien konfrontiert wurde. Von 1995 an studierte sie Politikund Philosophie in Leiden und wurde politisch aktiv, zunächst alswissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung der niederländischenSozialdemokraten, 2003 wechselte sie jedoch zur rechtsliberalenVolkspartei - als Abgeordnete.

Als Politikerin und Buchautorin ist sie seit 2002 in denNiederlanden präsent - und als Islamkritikerin. «De Zoontjesfabrik»,(«Die Söhnefabrik») hieß ihr erstes Buch, in dem sie eineMännerfixierung vieler islamischer Familien beklagte. Zwei Jahrespäter, 2004, erschienen «Der Jungfrauenkäfig» und «Submission» (DieUnterwerfung) - ein Film, den sie zusammen mit Theo van Gogh drehte.Im vergangenen Jahr erregte sie wieder Anstoß mit dem Buch «Ich klagean - Plädoyer für die Befreiung der muslimischen Frauen». DasErscheinen ihrer Autobiografie wurde wegen der Verleihung desKasseler Preises auf Ende September vorgezogen.

Hirsi Alis Kritik ist nicht subtil: 2003 schrieb sie, der ProphetMohammed sei «gemessen an unseren westlichen Maßstäben ein perverserMann». «Sie können das im Koran nachlesen. Mohammed stahl Zayneb, dieFrau seines Jüngers und behauptete, das sei Allahs Wille. Erverliebte sich in Aisha, die neunjährige Tochter seines bestenFreundes. Ihr Vater bat ihn zu warten ..., aber Mohammed wollte nichtwarten. Was passiert also? Er erhält eine Botschaft von Allah, diesagt, dass Aisha sich für ihn bereithalten soll. Mohammed ist einTyrann. Und er ist ein Vorbild aller Muslimmänner. Wieso wundern Siesich darüber, dass so viel Muslimmänner gewalttätig sind?»

Unumstritten ist Hirsi Ali auch in den Niederlanden nicht. ImFrühjahr löste sie gar eine Regierungskrise aus, als sie die Umständeihrer Einreise 1992 gestand. Die rigide Ausländerministerin RitaVerdonk entzog ihr daraufhin die Staatsbürgerschaft, was zu solcheinem Streit in der Koalition führte, dass zuletzt sogarMinisterpräsident Jan Peter Balkenende seinen Rücktritt anbot. HirsiAli bekam letztlich ihren Pass zurück.

Den brauchte sie fast nur noch zur Ausreise: Als Nachbarn siewegen des Personenschutzes vor ihrem Haus verklagten, siedelte sie indie USA nach Washington um. Die Personenschützer werden sie auchkünftig begleiten: In Kassel wird Ayaan Hirsi Ali am Sonntag nachAngaben der Veranstalter von einem «unsichtbaren, aber sehr engenSicherheitsnetz» umgeben sein.