1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Australische Regierung entschuldigt sich bei Aborigines

Australische Regierung entschuldigt sich bei Aborigines

13.02.2008, 15:04

Sydney/dpa. - Mit einer Entschuldigung bei den Ureinwohnern für Jahrzehnte staatlich gebilligter Menschenrechtsverletzungen hat Australiens Premierminister Kevin Rudd am Mittwoch ein neues Politik- Kapitel aufgeschlagen.

Ureinwohner, die ihren Familien in den 50er und 60er Jahren als Babys entrissen worden waren, weinten auf den Besucherrängen des Parlaments in Canberra, als der Labour-Premier mit der Entschuldigung eine seit langem erhobene Forderung erfüllte.

In der Hauptstadt Canberra waren tausende Aborigines zusammengekommen, um die live im Fernsehen übertragene Ansprache mitzuerleben. «Wir entschuldigen uns für den Schmerz, das Leid und die Kränkung dieser gestohlenen Generationen, ihrer Nachfahren und der betroffenen Familien», sagte Rudd. Das Bedauern der Nation über die verfehlte Ureinwohner-Politik solle helfen, «einen großen Fleck von der australischen Seele» zu entfernen.

«Ich dachte nicht, dass ich diesen Tag noch erleben würde», sagte Jackie Huggins, die seit Jahren für die Rechte der Aborigines kämpft. «Ich habe so lange gewartet», sagte Albert Holt (61) gerührt. Er hat sechs Schwestern verloren. Seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts bis in die 70er Jahre waren mehr als 50 000 Aborigine-Kinder zwangsweise in Heime oder weiße Pflegefamilien gesteckt worden, um sie «anzupassen» oder als gehorsame Bedienstete zu erziehen.

Rudds konservativer Vorgänger John Howard hatte sich trotz wachsenden Drucks elf Jahre geweigert, eine solche Entschuldigung auszusprechen. Heutige Generationen könnten nicht für Unrecht ihrer Vorfahren verantwortlich gemacht werden, hatte er argumentiert. Sein Nachfolger Brendan Nelson akzeptierte Rudds Vorschlag für eine gemeinsame Kommission, die sich mit der Situation der bis heute stark benachteiligten Ureinwohner befassen soll. Beide lehnen Reparationszahlungen ab, doch versprach Rudd mehr Mittel für das Bildungs- und Gesundheitswesen in Gemeinden der Ureinwohner. Er will die Unterschiede zwischen den Nachfahren von Einwanderern und Ureinwohnern in zehn Jahren halbieren.

Die Kindersterblichkeit unter den rund 500 000 Aborigines ist viermal so hoch, die Mordrate sechsmal, die Selbstmordrate zweimal. Die Wahrscheinlichkeit im Gefängnis zu landen, ist elfmal höher als bei den Nachfahren der Einwanderer. Die Männer haben eine um 17 Jahre geringere Lebenserwartung als andere Australier.