Auslandseinsatz Auslandseinsatz: Bundeswehr könnte bald Piraten vor Afrika jagen
Berlin/dpa. - Die Bundeswehr könnte noch in diesem Jahr zur Bekämpfung von Piraten am Horn von Afrika eingesetzt werden.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) erwarte für Mitte September eine Entscheidung der Europäischen Union (EU) über eine Mission unter ihrer Führung zur Abwehr der Piraterie, sagte ein Ministeriumssprecher am Dienstag auf Anfrage in Berlin. An einer solchen Truppe würde Jung die deutsche Marine beteiligen wollen. Die Entscheidung liegt beim Bundestag. Bei Zustimmung sei mit einem Einsatz deutscher Soldaten im Dezember zu rechnen, hieß es.
Nach einer Reihe von Piratenüberfällen auf Schiffe an der somalischen Küste forderte der Bremer Reeder Niels Stolberg den Schutz der deutschen Marine für Konvois von Frachtern und nahm nach eigenen Worten Kontakt mit der Spitze des Verteidigungsministeriums auf. «Wenn wir jetzt nicht handeln, eskaliert das. Die Aggressivität, der Organisationsgrad und die Bewaffnung der Piraten haben sich so entwickelt, dass wir mit dem Schlimmsten rechnen müssen», sagte Stolberg, der Chef der Reederei Beluga Shipping GmbH ist, der Deutschen Presse-Agentur dpa in Bremen.
Der Mehrzweck-Schwergutfrachter «BBC Trinidad» der Beluga-Reederei war vergangene Woche wie eine Reihe anderer Schiffe von schwer bewaffneten Piraten gekapert worden. Stolberg sagte, in der Nähe sei eine französische Fregatte gewesen. Ein Eingreifen sei ihr jedoch politisch nicht gestattet gewesen. Die 13 Besatzungsmitglieder sind nach Angaben der Reederei wohlauf. Die Piraten hätten am Samstag erstmals telefonisch konkrete Forderungen gestellt.
Zur möglichen Zahl der Soldaten und zum Umfang der Mittel eines Bundeswehreinsatzes äußerte sich der Ministeriumssprecher nicht. Darüber müsse erst noch beraten werden. Die Beteiligung an einer EU- Mission mit einem Mandat des Bundestags biete aber überhaupt erst die hinreichende Rechtsgrundlage für den Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen Piraten, sagte er.
Die deutsche Marine ist am Horn von Afrika bereits im Rahmen des US-geführten Anti-Terror-Kampfs «Operation Enduring Freedom» (OEF) eingesetzt. Das Verteidigungsministerium argumentiert aber seit Monaten, dass das OEF-Mandat keine Bekämpfung von Piraten erlaube. Nach deutschem Recht dürfe auch nur die Bundespolizei und nicht die Bundeswehr Piraten bekämpfen. Die Bundeswehr könne sich lediglich auf Nothilfe beschränken. Die Union drängt seit langem auf eine Grundgesetzänderung.
Das SPD-geführte Auswärtige Amt hingegen argumentiert, nach Artikel 24 des Grundgesetzes könne die Bundeswehr schon jetzt gegen Piraten vorgehen. Danach wäre es eine Maßnahme der kollektiven Sicherheit. Die SPD ist gegen eine Verfassungsänderung. Der Schifffahrtsexperte der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Karl- Heinz Biesold, sagte der Oldenburger «Nordwest-Zeitung», die Bundesregierung solle das deutsche OEF-Mandat erweitern.