1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Aus dem Ruder laufende Vorhaben: Aus dem Ruder laufende Vorhaben: Gescheiterte Bauprojekte - Köln ist nicht allein

EIL

Aus dem Ruder laufende Vorhaben Aus dem Ruder laufende Vorhaben: Gescheiterte Bauprojekte - Köln ist nicht allein

Von Milan Panek 22.09.2015, 17:28
Die Fertigstellung der U-Bahn im Kölner Süden lässt auf sich warten. Aber nicht nur in Köln wurde eine Baustelle zum Alptraum.
Die Fertigstellung der U-Bahn im Kölner Süden lässt auf sich warten. Aber nicht nur in Köln wurde eine Baustelle zum Alptraum. ddp Lizenz

Köln - Unfertige Baustellen, Kostenexplosionen und Baupfusch. Kölner Bürgerinnen und Bürger setzen diese Begriffe reflexartig in Verbindung mit dem Bauprojekt ihrer geplanten U-Bahntrasse. Die zusammengefassten Ereignisse wirken wie eine Spirale des Versagens. 2009 sollte die unterirdische Bahnstrecke, die den Dom mit dem Kölner Süden verbinden soll, eröffnet werden. Aktuell wurde das Eröffnungsjahr auf 2023 prognostiziert. Die verantwortliche Baufirma soll gepfuscht, betrogen und gefälscht haben.

Doch es gibt Entlastung für die kölsche Seele. Das U-Bahnprojekt ist symptomatisch für deutsche Großbaustellen, denn andere Städte haben auch Milliardengräber.

Nicht nur die bekanntesten Großbauprojekte wie die Hamburger Elbphilharmonie, der Berliner Flughafen oder der Stuttgarter Bahnhof S21 sind geldfressende Monumente gescheiterter Bauvorhaben. Deutschlandweit gibt es zahlreiche Beispiele für Großbaustellen, die aus dem Ruder liefen und von der der Öffentlichkeit als Lachnummern erklärte wurden.

Bundesweite Baudebakel

BER-Flughafen Berlin: Die ursprüngliche Eröffnung wurde von 2007 auf 2018 verlegt. Die Kosten stiegen auf circa 6 Milliarden Euro. Die Gründe dafür sind gravierende Bau- und Sicherheitsmängel.

Hamburger Elbphilharmonie: Die geplante Eröffnung wurde von 2010 auf 2017 verschoben. Die Kosten explodiert von geplanten 77 auf knapp 780 Mio. Euro. Zu den Gründen zählten unvollständige Planungen, chaotische Zustände auf Baustelle und mangelnde Kontrollen.

Stuttgart 21: Laut Angaben der Deutsche Bahn wurden bisher ungefähr 1,7 Milliarden Euro für Planungskosten ausgegeben. Letztendlich soll das Projekt über 4 Milliarden Euro wert sein. Finanziert wird es von verschiedenen Kostenträgern, darunter die DB, die EU, der Bund und das Land Baden-Württemberg.  

Fachhochschule Bielefeld: Durch Zeitdruck und mangelnder Aufsicht stiegen die Kosten für den Neubau um 100 Mio. auf insgesamt 262 Mio. Euro.

Duisburger „Küppersmühle“: Erweiterungsbau einer Kunstausstellung mit dreijährigem Baustopp kostete letztendlich 70 Mio. - statt der veranschlagten 30 Mio. Euro. Die Rostruine wird nun für eine weitere Million abgerissen und neugeplant.

Düsseldorfer Landeskriminalamt: Das 2010 endlich fertiggestellte Gebäude kostete insgesamt 107 Millionen Euro  - und damit 40 Millionen mehr als geplant.

„Die Probleme sind hausgemacht“

Für Thomas Heilfort, Lehrbeauftragter an der Technischen Universität Dresden und Sachverständiger für sogenannte „Bauablaufstörungen“, sind die Gründe für bundesweite Baudebakel hausgemacht. Seiner Einschätzung nach „können unzureichend vorbereitete Großprojekte nur scheitern.“ Schon zu Beginn des Bauprojektes sei für Experten klar, was passieren würde. Wurzel des Problems seien lückenhafte Planunterlagen und Änderungswünsche in der Bauphase sowie idealisierte Zeit- und Kostenvorstellungen, „die meist politisch motiviert sind“.

Kostenexplosion sei vermeidbar

Einer Studie der „Hertie School of Governance“ zufolge, werden Großbauprojekte in Deutschland im Durchschnitt rund 73 Prozent teurer als geplant. Die Forscher untersuchten 170 öffentlich finanzierte Bauvorhaben, die fertiggestellt wurden oder sich noch in der Planung befinden. Doch die Kostenexplosionen seien vermeidbar. Als Gegenmaßnahme empfehlen die Forscher der staatlich anerkannten Hochschule in Berlin, die Expertise von Fachkundigen häufiger zu berücksichtigen und diese im Entwicklungsprozess zu integrieren.

Mit 14 Jahren Verspätung und prognostizierten Kosten von insgesamt 1,12 Milliarden Euro, reiht sich die Nord-Süd-Stadtbahn der Domstadt in die Liste der größten Baudebakel Deutschlands ein. Nicht nur in Köln werden Fehler gemacht. Die bundesweiten Kostenexplosionen auf Großbaustellen seien jedoch laut Experten vermeidbar. Es ist wohl an der Zeit, die Expertise von externen Fachkundigen zu berücksichtigen. Immerhin geht es häufig um öffentliche Gelder der Steuerzahler.

 

 

Der Protest gegen das Bauprojekt „Stuttgart 21" mündete in schweren Demonstrationen. Verletzte blieben nicht aus.
Der Protest gegen das Bauprojekt „Stuttgart 21" mündete in schweren Demonstrationen. Verletzte blieben nicht aus.
Getty Images Lizenz
Nach einem jahrelangen Bauskandal bekommt das Dusiburger Museum Küppersmühle (MKM) nun doch einen Erweiterungsbau. Nach einer einjährigen Planungsphase könnten die Bauarbeiten voraussichtlich 2016 starten.
Nach einem jahrelangen Bauskandal bekommt das Dusiburger Museum Küppersmühle (MKM) nun doch einen Erweiterungsbau. Nach einer einjährigen Planungsphase könnten die Bauarbeiten voraussichtlich 2016 starten.
dpa Lizenz