Atomkraftwerk Atomkraftwerk: Biblis A wird abgeschaltet - damit es länger laufen kann
Biblis/dpa. - Das Atomkraftwerk Biblis A,Deutschlands ältester aktiver Meiler, wird abgeschaltet -vorübergehend. Nachdem der 1976 fertiggestellte Block B im Januarturnusgemäß zur Inspektion und Nachrüstung vom Netz genommen wurde,geht auch Block A, Baujahr 1974, für mehrere Monate in Revision. DieArbeiten können sich bis in den September hinziehen.
Kritiker werfen dem Betreiber RWE vor, die Revisionsarbeitenabsichtlich hinauszuzögern und damit auf Zeit zu spielen. Dievereinbarte Reststrommenge werde gestreckt, bis eine - möglicherweisebürgerliche - neue Bundesregierung im Amt ist, die aufLaufzeitverlängerung hoffen lässt. Gewählt wird am 27. September. DieCDU-geführte neue hessische Landesregierung hat zwar über dieLaufzeiten nicht zu entscheiden, betont aber, sie wolle einenEnergiemix mit Kernenergie.
Unabhängig von politischen Verhältnissen setzt RWE auf derzeitschwebende Gerichtsverfahren: Verwaltungsrichter haben zuentscheiden, ob Strommengen aus anderen Kraftwerken auf Biblisübertragbar sind, was dem südhessischen Standort noch auf Jahrehinaus den Betrieb sichern würde. Kraftwerkschef Hartmut Lauerformulierte kürzlich: «Für Block A werden wir die Fahrweise im Rahmenunserer Kraftwerkseinsatzplanung so optimieren, dass wir denAnlagenbetrieb bis zu den noch ausstehenden gerichtlichenEntscheidungen ... sicherstellen können.»
Beide Biblis-Blöcke könnten nach Auskunft von RWE bis 2013 laufen,wenn Strommengen anderer Reaktoren in Biblis produziert würden.Beantragt ist die Übertragung aus dem stillgelegten Meiler Mülheim-Kärlich in Rheinland-Pfalz auf Block B und vom Kraftwerk Emsland aufBlock A. Die Anträge wurden zwar von der Bundesregierung abgelehnt,doch RWE zog dagegen vor die Verwaltungsgerichte. Nach Ansicht desBundesumweltministeriums gehört das Kraftwerk in Biblis wegen seinesAlters abgeschaltet. Nach dem 2000 geschlossenen Atomkonsens sollenzuerst die ältesten Anlagen stillgelegt werden.
Über die Übertragung von Strommengen des nur wenige Monatebetriebenen Kraftwerks Mülheim-Kärlich entscheidet dasBundesverwaltungsgericht in Leipzig voraussichtlich im März, dasVerfahren um Mengen aus Emsland ist in erster Instanz vor demhessischen Verwaltungsgerichtshof Kassel anhängig. Egal, welche Seitegewinnt, wird erwartet, dass auch dieser Streit am Ende in Leipzigentschieden wird. RWE geht davon aus, dass es vor 2010 kein Urteilgibt.
Der Stromerzeuger, der neben Biblis noch die AtomkraftwerkeEmsland in Niedersachsen und Gundremmingen in Bayern betreibt, istoptimistisch, dass die Gerichte zu seinen Gunsten entscheiden. «Wirhaben eine gute Rechtsposition», sagt RWE-Sprecher Lothar Lambertz.Nach seinen Worten wäre es unklug, alle Stromkontingente zuverbrauchen, bevor es Urteile gibt. In punkto Sicherheit, die vonallen politischen Lagern stets ins Feld geführt wird, gebe es keineDefizite. «Wir haben in die Sicherheit von Biblis in den vergangenenJahren 1,2 Milliarden Euro investiert, es wird laufend angepasst»,sagt Lambertz. Allein die aktuelle Revision wird laut RWE für beideBlöcke rund 193 Millionen Euro kosten, ein Gutteil davon gehe in dieVerbesserung der Sicherheit.
Kritiker halten das nicht für ausreichend. Das Kraftwerk sei nunmal eine alte Anlage, und auch mit vielen Nachrüstungen lasse sichbei weitem nicht der Stand der Technik herstellen, meint ChristianKüppers vom Darmstädter Öko-Institut. Das Unternehmen versuche, mitdem Hinweis auf die Abhängigkeit von Energieimporten dieWirtschaftskrise auszunutzen. Dabei gebe es bereits Energiekonzepteohne Notwendigkeit von Importen. Vor allem der effizientere Einsatzvon Energie sei nötig, um Strom zu sparen. Ohne festes Ausstiegsdatumfehle aber der Zwang dazu, kritisiert Küppers.
Im vergangenen Jahr produzierte Biblis so viel Strom wie noch nie.Mit 20 Milliarden Kilowattstunden hätten die beiden Blöcke das besteErgebnis ihrer Betriebsgeschichte erzielt, teilte RWE mit. DieJahresproduktion entspreche rund 50 Prozent des hessischenStromverbrauchs. Eigentlich sollte Block A schon 2007 stillgelegtwerden, wegen fehlerhaft eingebauter Dübel stand der Reaktor jedochvon Herbst 2006 bis Frühjahr 2008 still, so dass sich die Laufzeitbis Herbst 2009 verlängerte. Für das endgültige Ende der Meiler sinddie zugeteilten Strommengen maßgeblich.
