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Atomgipfel in Washington Atomgipfel in Washington: Neuer Schwung für Obamas Prestigeprojekt

Von Steven Geyer 30.03.2016, 15:26
US-Präsident Barack Obama
US-Präsident Barack Obama AP

Washington - Als sich nach den Anschlägen von Brüssel das ganze Bild des Terrors erst entfaltete, stand plötzlich ein noch größeres Horrorszenario im Raum: Das Täternetzwerk hatte zuvor offenbar über Wochen einen Wissenschaftler des belgischen Nuklearforschungszentrum ausspioniert.

Sofort lag der Verdacht nahe, dass die Terroristen geplant hatten, von ihm radioaktives Material für eine „schmutzige Bombe“ zu erpressen: einen Sprengsatz, der schon durch Zugabe weniger Gramm eines strahlendes Stoffes wie Plutonium eine ungleich höhere Tötungskraft hätte.die

Angst vor der schmutzigen Bombe

Es ist ein Szenario, das den Westen seit Ende des Kalten Krieges zunehmend umtreibt – seit die radioaktiven Reste sowjetischer Waffen und Atomkraftwerke durch die Wendewirren in den ehemaligen Teilrepubliken des Imperiums verschwanden. Spätestens durch die Anschläge vom 11. September 2001 und die Verbindungen der Drahtzieher nach Afghanistan – also direkt an die einstige sowjetische Grenze – kam die Angst vor der schmutzigen Bombe auch öffentlich aufs Tapet.

Doch erst nach Abtritt des damaligen US-Präsidenten George Bush, versuchte sich dessen Nachfolger Barack Obama an einer internationalen Lösung des Problems: Er gründete einen zweijährigen Atomgipfel namens „Nuclear Security Summit“, dessen vierte Runde an diesem Donnerstag und Freitag erneut in Washington tagt. 

Obamas Gründungsidee von 2010: Gemeinsam sollten rund 50 anwesende Staats- und Regierungschefs Verträge zur Registrierung, gegenseitigen Transparenz und Kontrolle sowie für Bewachung und letztlich Vernichtung vor allem des waffenfähigen Plutoniums aushandeln. Nach Stationen in Seoul und Den Haag kehrt die zweijährliche Konferenz nun zurück in die USA, wo Obama in seinen letzten Amtsmonaten noch einigen seiner außenpolitischen Prestigeprojekte neuen Schwung geben will.

Atomgipfel hat neuen Schwung nötig

Der Atomgipfel gehört ohne Zweifel dazu – und hat neuen Schwung auch nötig: War die Auftaktrunde noch prominent besetzt – Obama hatte etwa aus Deutschland noch Kanzlerin Angela Merkel und aus Russland den damaligen Präsidenten Dmitri Medwedew zu Gast –, so sank mit Anschwellen des Ukraine-Konflikts nicht nur das russische Interesse.

Als der Gipfel 2012 in Südkorea tagte, hatte die Ukraine noch angekündigt, all sein hochangereichertes Uran an Russland zurückgeben. Der Stoff hätte für den Bau mehrerer Atombomben gereicht.  Zu den Anfangserfolgen zählt auch, dass von 50 Staaten, die  einst waffenfähiges Atommaterial besaßen, nur noch 25 übrig waren.

Doch viele der vereinbarten Schritte sind noch immer nicht umgesetzt. Russland gilt nicht mehr als Hort nuklearer Sicherheit, und reagierte schon 2014 auf die wachsenden Spannungen, indem es nur noch Außenminister Sergeij Lawrow zum Gipfel schickte.  In diesem Jahr ist Moskau nun gar nicht mehr dabei. Russland wirft den USA vor, sich als weltweiter Atomsheriff aufspielen zu wollen.  Selbst aus Deutschland kommt weder die Kanzlerin, noch ihr Außenminister, sondern die fachlich zuständige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Auf allzu prestigeträchtige Fotos kann Obama sich nicht einstellen, auf weltbewegende Entscheidungen wohl noch weniger.