Nach "Asylstreit" Asylstreit: Hors Seehofer glaubt weiterhin vertrauensvoll mit Angela Merkel zusammenarbeiten zu können

Berlin - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hält den Konflikt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Asylpolitik für beendet. „Wir schauen nach vorne“, sagte Seehofer der Bild am Sonntag. Er erwarte nun einen spürbaren Rückgang der Asylbewerberzahlen.
Seehofer sagte zu dem auch persönlich scharf geführten Streit der Schwesterparteien, er könne weiter vertrauensvoll mit Merkel zusammenarbeiten. Dies sei auch die Pflicht und Verantwortung gegenüber der Bevölkerung. „Niemand von uns hat den Fortbestand der Regierung in Frage gestellt - zu keinem Zeitpunkt“, behauptete Seehofer. „Wir haben um die Lösung einer Sachfrage gerungen, und wir haben am Ende eine gute Lösung gefunden.“
Seehofer: „Entscheidend ist das Signal“
Was in der Vereinbarung zwischen Union und SPD festgehalten sei, dokumentiere die Asylwende in Deutschland, so der CSU-Chef. Entscheidend sei, dass die Regierung endlich handle und Menschen, die schon in anderen EU-Mitgliedstaaten einen Asylantrag gestellt haben, dorthin zurück weise. Dass die geplanten Maßnahmen nur relativ wenige Migranten betreffen würden, sei zweitrangig. „Entscheidend ist das Signal, dass sich weniger nach Deutschland aufmachen, weil sie wissen, dass sie zurückgewiesen werden“, sagte Seehofer.
SPD-Chefin Andrea Nahles warf Teilen von CSU und CDU hingegen vor, das Geschäft der AfD zu betreiben. „Wenn Herr Söder und Frau Klöckner von 'Asyltourismus' sprechen, reden sie wie die AfD. Das verschiebt Maßstäbe, verletzt Werte, bedient Ressentiments“, sagte Nahles der Welt am Sonntag. Bereits zuvor hatte der Vorsitzende der Grünen, Robert Habeck, Seehofers Rücktritt gefordert.
Asylstreit nutzt der AfD
In der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid sind CDU und CSU auf 30 Prozent abgesackt, während die AfD auf 17 Prozent stieg und damit so stark ist wie die SPD. Auch in Bayern ist es der CSU bisher nicht gelungen, die AfD klein zu halten. Im Gegenteil: Sie ist weiter stabil zweistellig. Ein solches Ergebnis würde dazu führen, dass die CSU bei der bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober ihre absolute Mehrheit verliert.
Seehofer will am Dienstag seinen 63 Punkte umfassenden „Masterplan“ zur Flüchtlingspolitik vorstellen, dessen zentraler Punkt die Zurückweisung von bereits in anderen EU-Ländern registrierten Flüchtlingen betraf. Von diesem Punkt ist aber nicht mehr viel übrig. Denn die von CDU und CSU verabredeten „Transitzentren“ wird es auf Druck der SPD nicht geben. Stattdessen ist bloß noch von „Transitverfahren“ die Rede.
Überdies hat Seehofer große Mühe, Vereinbarungen mit anderen EU-Ländern zu treffen, aus denen diese Flüchtlinge kommen. Und schließlich muss er sich nun auch mit Bayern darüber einigen, wer bei den geplanten Grenzkontrollen zuständig ist, ob also die bayerischen Polizisten rechtlich der Bundespolizei unterstellt werden oder ob für sie das bayerische Polizeiaufgabengesetz maßgeblich bleibt.
Tausende Menschen demonstrieren für sichere Fluchtwege
Einem Bericht des Magazins Der Spiegel zufolge will der Bund seine Kompetenz der Grenzsicherung nicht mit Bayern teilen; eine Delegation des Bundesinnenministeriums habe dies am Dienstag den bayerischen Kollegen klar gemacht. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dagegen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, er habe sich mit Seehofer darauf verständigt, „dass die bayerische Grenzpolizei selbständig an der Grenze zu Österreich kontrollieren kann“.
Unterdessen haben angesichts des harten Vorgehens von EU-Staaten gegen zivile Seenotretter und zahlreicher Todesfälle bei Fluchtversuchen über das Mittelmeer in mehreren deutschen Städten tausende Menschen für Solidarität mit Seenotrettern und sichere Fluchtwege demonstriert. Nach Angaben des Bündnisses „Seebrücke“ beteiligten sich an der größten Kundgebung am Samstag in Berlin 12000 Menschen, die bei ihrem Marsch durch die Hauptstadt unter anderem Rettungswesten in die Höhe hielten. In Hannover demonstrierten demnach 2000 Menschen, im Bremen rund 1000. Weitere Demonstrationen fanden in Frankfurt am Main, Heidelberg, Leipzig und München statt.
Das Bündnis „Seebrücke“ wird nach eigenen Angaben von verschiedenen Bündnissen und Akteuren der Zivilgesellschaft getragen. Die Initiative entstand spontan, als das Flüchtlings-Hilfsschiff „Lifeline“ mit 234 Menschen an Bord am Einlaufen in einen Hafen gehindert worden war. Die Bewegung rief dazu auf, als Zeichen der Solidarität bei den Protestaktionen die Farbe Orange zu tragen. Von der deutschen und der europäischen Politik fordert das Bündnis sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen.
