Kommentar zum Asyl-Skandal Asyl-Skandal in Bremen: Das Bamf ist der Spielball und Sündenbock der Politik

Berlin - Bamf, die vier Buchstaben stehen scheinbar sinnbildlich für das Versagen in der sogenannten Flüchtlingskrise. Kein Zweifel, was sich in der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Bremen zugetragen hat, muss aufgeklärt werden. Auch darüber hinaus gibt es viele Missstände in der Behörde. Die hysterische öffentliche Debatte um das angebliche Totalversagen des Amts zeigt aber, wie sehr es ein Spielball der Politik ist.
Seit Jahren wird das Bamf für alles, was in der Flüchtlings- und Asylpolitik falsch läuft, verantwortlich gemacht.
2015 und 2016, als Hunderttausende von Flüchtlingen nach Deutschland kamen, konnte es gar nicht schnell genug gehen. Frank-Jürgen Weise, damals auf Wunsch des Kanzleramts als neuer Bamf-Chef eingesetzt, krempelte die Behörde um und stellte Tausende von neuen Mitarbeiter ein, um die Asylverfahren zu beschleunigen.
Keine Qualifikation? Kein Problem
Dass viele von ihnen kaum qualifiziert waren, nahm die Politik billigend in Kauf. Die damalige große Koalition, massiv unter Druck wegen Angela Merkels humanitärem Bekenntnis, wollte rasche „Erfolge“ liefern. Das Motto lautete Quantität vor Qualität. Dass fehlerhafte Bescheide ergingen, kann niemanden überraschen.
Auf der Suche nach der politischen Verantwortung muss man nicht nur die Rolle des heutigen Innenministers und der jetzigen Bamf-Chefin hinterfragen, sondern ebenfalls ein wenig in die Vergangenheit schauen. Die damalige Bundesregierung war auf die Massenflucht über den Balkan überhaupt nicht vorbereitet, dabei hatte es längst Alarmsignale gegeben. Die Uno, humanitäre Organisationen, die europäische Grenzschutzagentur Frontex, sie alle hatten lange vor dem Sommer 2015 gewarnt, dass die Zahl der Schutzsuchenden in Europa stark ansteigen werde, schon wegen der Kriege im Irak und in Syrien.
Große Koalition war nicht mutig genug
Auch ein Blick in die Länder am Nordrand des Mittelmeers hätte gereicht. Seit Jahren ächzten Italien und Griechenland unter der Last derer, die aus Nordafrika die Flucht über das Meer antraten. Seit Jahren ertranken Tausende elendiglich während der Überfahrt. Und seit Jahren drängte Italien darauf, dass die Aufnahme eine europäische Gemeinschaftsaufgabe sei. Dank der Dublin-Verträge konnten sich die Deutschen aber bequem zurücklehnen. (Mehr noch, der frühere Innenminister Friedrich von der CSU erklärte den Italienern damals, dass sie das Problem gefälligst allein lösen müssten.) Was scherten die Deutschen die Toten am Strand der Insel Lampedusa? Was gingen sie die Krisen und Kriege der Welt an? Das war eine gravierende Fehleinschätzung, die Kanzlerin hat das inzwischen eingestanden. Aber was folgte daraus?
Fluchtursachen bekämpfen, heißt das neue Mantra, das so neu auch nicht mehr ist. Endlich ein Querschnittsministerium für Einwanderung, Asylfragen und Integration einzurichten, dafür war die neue große Koalition aber nicht mutig genug. Es wäre überfällig in einem Land, in dem jeder Fünfte ausländische Wurzeln hat und das mehr als eine Million Menschen integrieren muss. Stattdessen geht der Streit über die Flüchtlings- und Asylpolitik in endlosem Kleinklein weiter.
AfD schmiedet Pläne – FDP macht mit
Der Skandal beim Bamf ist auch ein Lehrstück über politische Instrumentalisierung. Die AfD wittert die Gelegenheit, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss in ein Tribunal über Merkels Flüchtlingspolitik zu verwandeln. Ausgerechnet die FDP fordert ebenfalls eine parlamentarische Untersuchung, die sich nicht nur dem Bamf widmen soll. Ein Untersuchungsausschuss gilt als scharfes Schwert der Opposition, er darf aber nicht zur ideologischen Kampfarena verkommen.
Eine unrühmliche Rolle spielt auch die SPD. Sie geißelt das Versagen im Bamf besonders lautstark und versucht der Kanzlerin und der Union die Schuld an der „Chronologie des Scheiterns“ zu geben. Dabei saßen die Sozialdemokraten damals in der Regierung, sie sitzen dort auch heute.
Ihre Pirouetten in der Flüchtlingspolitik sind nur eines: unglaubwürdig und eine Anbiederung an den rechten Rand.
Wie sonst ist es zu erklären, dass die SPD-Chefin Andrea Nahles es für nötig hält, darauf hinzuweisen, dass wir „nicht alle“ aufnehmen können? Hat das jemals jemand gefordert?
Aber auch Innenminister Horst Seehofer hat erkannt, dass ihm die Krise beim Bamf nützlich werden könnte. Er gibt jetzt den brutalstmöglichen Aufklärer. Es ist Wahlkampf in Bayern, der CSU-Chef hat die AfD im Nacken. Nicht zufällig arbeitet er an einem „Masterplan“ zur Migration, der die rasche Einrichtung von sogenannten Ankerzentren für Asylbewerber vorsieht. Wenn er jetzt sagt, erst müsse aufgeklärt und dann grundsätzlich bei Asylverfahren aufgeräumt werden, ist die Richtung ebenfalls klar. Das Ziel ist Abschreckung.
Und das Bamf? Richtig, dort soll jetzt wieder Qualität vor Quantität gehen. Und am Ende wird wieder das Bamf daran Schuld sein, wenn Asylverfahren dann zwangsläufig länger dauern. Die Behörde, das ist leicht vorherzusagen, bleibt ein Spielball der Politik.