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Arbeitsmarkt Arbeitsmarkt: Von Tierpsychologe bis Gogo-Tänzerin

24.01.2006, 13:41
Die 28-jährige Petra Kopunek aus Albstadt (Zollernalbkreis) lässt die Hüften schwingen (Foto vom 21.01.2006). Im knappen Outfit tanzt sie lächelnd im Singener Club «Top Ten». Das «optische Rahmenprogramm für Discotheken» der hübschen Frau zieht die Blicke vor allem der männlichen Besucher auf sich und sorgt für Stimmung. Die Arbeitsagentur bezuschusst Kopuneks Arbeit als GoGo-Tänzerin, die sie als «Ich-AG» führt. (Foto: dpa)
Die 28-jährige Petra Kopunek aus Albstadt (Zollernalbkreis) lässt die Hüften schwingen (Foto vom 21.01.2006). Im knappen Outfit tanzt sie lächelnd im Singener Club «Top Ten». Das «optische Rahmenprogramm für Discotheken» der hübschen Frau zieht die Blicke vor allem der männlichen Besucher auf sich und sorgt für Stimmung. Die Arbeitsagentur bezuschusst Kopuneks Arbeit als GoGo-Tänzerin, die sie als «Ich-AG» führt. (Foto: dpa) dpa

Albstadt/dpa. - «Ich mache das,was ich kann und was mir Spaß macht», sagt die gelernte Arzthelferinund allein erziehende Mutter. Der Betreiber des Lokals versprichtsich von Kopunek steigende Umsätze, die Arbeitsagentur eine Personweniger in der Statistik. Die Behörde bezuschusst Kopuneks Arbeit alsGoGo-Tänzerin, die sie als «Ich-AG» führt.

Rund 35 000 Arbeitslose in Baden-Württemberg haben seit Anfang2003 eine Ich-AG gegründet. Die Förderung von 600 Euro im ersten Jahr- später nur noch 360 oder 240 Euro - hat die Arbeitsagentur in13 000 Fällen frühzeitig eingestellt, etwa weil der Betreffendescheiterte, die Einkommensgrenze von 25 000 Euro überschritt odereinen festen Job fand. Rund 22 000 Ich-AG gibt es derzeit noch imSüdwesten. Sie kosten viel Geld: 2004 waren es rund 100 MillionenEuro. «Es ist noch zu früh, um über Erfolg oder Misserfolg der Ich-AGzu urteilen», sagt der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise. «Die wissenschaftliche Begleitforschung läuft noch.»

Forscher und Politiker haben ihr letztes Wort zur Zukunft der Ich-AG noch nicht gesprochen. Im Koalitionsvertrag haben SPD und Unionauf Bundesebene aber vereinbart, die Ich-AG mit dem so genannten«Überbrückungsgeld» für Selbstständige zusammenzulegen. Fest steht,dass es ohne das Förderinstrument eine Vielzahl interessanter Firmennicht gegeben hätte. In Tübingen bietet etwa ein aus Ghana stammenderSchamane «afrikanische Lebensberatung» an. In Mannheim gibt es Ich-AGmit dem Schwerpunkten Teufelsaustreibung und Erotikmöbeldesign. InSchwetzingen (Rhein-Neckar-Kreis) werden Hundehalsbänder entworfen,in Hohentengen (Kreis Waldshut) bietet sich ein Mann als «MobilesSägewerk» an.

Gut beschäftigt ist die Tierpsychologin Tanja Hees-Arns aus Kronau(Kreis Karlsruhe), die sich um verkorkste Hunde- und Pferdeseelenkümmert. «Missverständnisse zwischen Tier und Halter sind meist dieUrsache für Verhaltensauffälligkeiten», sagt die gelernte Erzieherin,die derzeit nicht in ihren alten Beruf zurück will. Für 35 Euro dieStunde analysiert sie die Situation vor Ort und gibt zum einen Tipps,wie der Halter seinen Willen besser verdeutlichen kann. Zum anderenverschreibt sie den Tieren alternative Heilmittel wie Bach-Blüten,die disharmonische Seelenzustände regulieren sollen. Hees-Arns, derenMann einen regulären Job hat, sagt: «Den Beruf werde ich sicherweitermachen».

Andere begraben ihre Ideen hingegen schnell, wenn die Kundenausbleiben. Aufgegeben haben etwa ein weiblicher Telefon-Zuhör-Service (Karlsruhe) und ein Tiersarghersteller (Mannheim). Manchmalbleibt das Geschäft zumindest als Nebenerwerb bestehen. «Von der Ich-AG alleine konnte ich nicht leben», sagt die 38 Jahre alte Mutterdreier Kinder, Anita Newberry, aus Schömberg (Zollernalbkreis), diemittlerweile wieder halbtags im Supermarkt arbeitet. In ihrer«Edelsteinberatung» handelte sie zuvor hauptberuflich mit teurenSteinen und beriet Kunden in Bezug auf Krankheiten. «Bei eitrigenMandeln oder Kopfschmerzen ist es gut, einen Smaragd zu tragen»,erklärt Newberry. «Bergkristall lindert Schmerzen und fördert denEnergiefluss.»