Antworten Antworten: Sündigen wird schwerer
Berlin/MZ. - Was heißt eigentlich Fiskalpakt?
Das Abkommen zwischen 25 der 27 EU-Staaten soll das Leben auf Pump beenden. Die Länder akzeptieren schärfere Haushaltskontrollen der EU und machen den Weg frei für Eingriffe in ihre Souveränität. Sie verpflichten sich, Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild in nationales Recht aufzunehmen.
Also feiert sich Merkel zu Recht?
Sie hat einiges erreicht. Die Länder müssen ihr strukturelles, also konjunkturunabhängiges Defizit auf 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzen. Die Gesamtverschuldung, die über 60 Prozent liegt, soll pro Jahr um ein Zwanzigstel reduziert werden. Bei Verstößen folgt automatisch ein Defizitverfahren, das durch Kuhhandel schwerer zu verhindern ist.
Warum ist das schwer zu verhindern?
Ein Sünderstaat braucht eine Zweidrittelmehrheit im Klub der Fiskalpaktstaaten, um ein Defizitverfahren zu stoppen. Bisher war umgekehrt eine so breite Mehrheit erforderlich, um so eine Strafaktion in Gang zu setzen. Zudem kann der Europäische Gerichtshof (EuGH) Geldstrafen verhängen.
Warum gibt es dann noch Kritik?
Beispiel Klagerecht: Dies wollte Merkel der EU-Kommission geben, da sie als überstaatliche Institution weniger Rücksicht auf Befindlichkeiten einzelner Länder nehmen muss. Eine solche "Vormundschaft" Brüssels lehnte Frankreich ab. Heraus kam ein komplizierter Kompromiss. Die Kommission stellt fest, wer sündigt. Klagen muss ein Mitgliedsland.
An welchen Stellen hakt es noch?
Merkel wollte die Schuldenbremsen in allen nationalen Verfassungen verankern lassen. Doch viele Regierungen protestierten, weil sie Volksabstimmungen fürchteten. Nun heißt es, dass Schuldenbremsen in die Verfassung aufgenommen werden sollen (nicht müssen).
Warum aber werden die Kritiker so grundsätzlich?
Weil mit Großbritannien und Tschechien zwei Länder nicht mitmachen. Daher kann der Fiskalpakt keinen Verfassungsrang in Europa erhalten (dafür müssten alle EU-Staaten einwilligen). So könnten sich Defizitsünder - selbst wenn sie den Fiskalpakt unterschrieben haben - auf den für sie günstigeren EU-Vertrag berufen. Der gilt ja unverändert weiter und hat Vorrang.
Ist diese Kritik nicht kleinlich?
Kann man so sehen, schließlich nimmt der Druck auf Defizitsünder zu. Und: Wer Hilfe aus den Rettungsfonds will, muss die Auflagen erfüllen. Schwerer wiegt, dass der Gipfel zu wenig brachte, um die Abwärtsspirale aus zu hohen Defiziten, Sparen, wegbrechender Wirtschaft und zu hohen Schulden zu stoppen. Es wurden nur Eckpunkte für mehr Wachstum verabredet. Man will gegen Jugendarbeitslosigkeit vorgehen, kleine Firmen fördern und Hürden im Binnenmarkt abbauen.
Was wird nun aus Griechenland?
Die Verhandlungen der Athener Regierung mit privaten Gläubigern über einen größeren Schuldennachlass sollen diese Woche zu Ende gehen. Dann brauchen Italien, Spanien und andere eine Aufstockung der Rettungsschirme. Darüber wurde geredet, nicht mehr.