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Elfter Staatsbesuch Angela Merkels China-Reisen haben Tradition - aber warum?

22.05.2018, 14:10
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der chinesische Staatspräsident Xi Jingping beim G20-Gipfel in St. Petersburg
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der chinesische Staatspräsident Xi Jingping beim G20-Gipfel in St. Petersburg dpa

Berlin - Nach ihren Reisen in die USA und nach Russland nimmt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in dieser Woche einen dritten großen Brocken vor: Sie fährt zum Staatsbesuch nach China – und zwar bereits zum elften Mal.

Woher kommt das Interesse an China?

Angela Merkel setzt mit ihren häufigen China-Reisen die Tradition ihres Vorgängers Gerhard Schröder fort. Die Kanzler sind dabei noch offensichtlicher als bei anderen Staatsbesuchen die obersten Handlungsreisenden ihres Landes. Auch dieses Mal ist eine große Wirtschaftsdelegation dabei – mit 18 Unternehmenschefs.

Für die deutsche Wirtschaft ist die Verlockung eine Vielfache: China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft und legt ein rasantes Wachstum vor. Seit 2016 ist China der wichtigeste Handelspartner der EU. Es lockt die Kaufkraft der Konsumenten und günstige Produktionsbedingungen. Der ewige Ärger:: Deutsche Unternehmen werden zum Teil gezwungen, mit chinesischen Partnern zu kooperieren. Technologien werden kopiert. 

Was ist das wirtschaftspolitische Programm?

Reziprozität wird Merkel fordern, also ähnliche Wirtschaftsbedingungen auf beiden Seiten. Es gibt aber nicht nur schwere Worte, sondern auch symbolträchtige Bilder: Merkel fliegt von Peking aus in die ehemalige Sonderwirtschaftszone Shenzen, von der die wirtschaftliche Öffnung des Landes ausging. Außerdem besucht sie ein Siemens-Werk, das Magnetresonanztomografen herstellt.

Fast wie ein Willkommensgeschenk Chinas wirkt es, dass das Land kurz vor dem Besuch der Kanzlerin aus dem Land mit einer starken Autoindustrie angekündigt hat, die Zölle auf importierte Autos zu senken. Allerdings mag dies auch Teil der Verhandlungen mit den USA sein. In der Regierung bemerkt man dazu recht lapidar: „Zollsenkungen sind besser als Erhöhungen.“

Gibt es auch eine politische Agenda bei dem Besuch?

Mit Ministerpräsident Li Keqiang wird die Kanzlerin am Donnerstagvormittag nach Regierungsangaben vor allem über wirtschaftliche Themen sprechen. Danach trifft sie Staatspräsident Xi Jingping. Hier soll der Schwerpunkt auf der Politik liegen.

Der Bundesregierung ist wichtig, dass China wie angekündigt im Atomabkommen mit dem Iran bleibt und sich nicht dem Vorbild der USA anschließt, die die Vereinbarung gerade gekündigt haben. Denkbar ist auch, dass der Koreakonflikt zur Sprache kommt. Politische Bedeutung misst die Regierung auch dem Treffen mit Künstlern und Wissenschaftlern zu. Es zeige, dass Merkel interessiert sei an der Entwicklung der Zivilgesellschaft, heißt es in der Regierung. Es ist die diplomatische Umschreibung der Kritik an Unterdrückung von Oppositionellen und Menschenrechtlern.

Gerade haben die USA und China sich im Handelsstreit geeinigt. Verschieben sich die Gewichte zuungunsten Europas?

Zunächst einmal ist es noch offen, ob der Handelskrieg auf Dauer vom Tisch oder ob es nur eine Pause gibt. Die hohen Strafzölle der USA auf chinesische Produkte gibt es erstmal nicht, China hat zugesagt, mehr US-Produkte zu importieren. Auf dieser Grundlage wird weiter verhandelt. Die Bundesregierung sagt, es sei gut, dass wieder gesprochen werde. Für die eigenen Gespräche will man keine große Änderungen sehen: Politik funktioniere nicht „nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren“, heißt es.

Das Signal, das Merkel setzen will, geht allerdings auch an die USA: „China und Deutschland bekennen sich zu den Regeln der WTO“, betonte die Kanzlerin vor ihrem Besuch. US-Präsident hat die Welthandelsorganisation in Frage gestellt. Multilateralismus, also Vereinbarungen mehrerer Staaten miteinander, sei besser als nationale Alleingänge.

China setzt auf strategische Investitionen in der ganzen Welt. Ist „Made in Germany“ bald eigentlich „Made by China“?

Der griechische Hafen Piräus, der Augsburger Roboterhersteller Kuka – das sind die bekanntesten Beispiele für chinesische Investitionen in Europa. Die Bundesregierung wiegelt ab: 2016 habe China in Deutschland lediglich Investitionen in Höhe von vier Milliarden Euro verwirklicht – das sei für eine so große Volkswirtschaft nun wirklich „nicht exorbitant“. Deutsche Unternehmen hätten im selben Jahr in China 76 Milliarden Euro investiert. Allerdings sei es schon so, dass die chinesischen Investitionen deutlich anstiegen.

Einer Bertelsmann-Studie zufolge entfielen zwei Drittel davon auf die von China als Schlüsselindustrien identifizierten Branchen. Droht ein Ausverkauf deutscher Unternehmen? Die Regierung verweist auf das Außenwirtschaftsgesetz, nach dem Übernahmen von mindestens 25 Prozent der Stimmrechte in einem Unternehmen angemeldet und von der Bundesregierung verboten werden können. Der chinesische Botschafter in Berlin, Shi Mingde, hat Deutschland deswegen via Stuttgarter Zeitung Protektionismus vorgeworfen. „In keinster Art und Weise“, hießt es in der Bundesregierung.