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Afrika Afrika: Gefräßige Hüpfer vernichten Lebensmittel für Millionen

Von Ulrike Koltermann 20.08.2004, 05:53
Ein Junge läuft nahe der Stadt Aleg in Mauretanien durch einen Heuschreckenschwarm (Archivfoto vom Sommer 2004). Die schwerste Heuschreckenplage seit 15 Jahren in Afrika droht sich weiter zu verschärfen. Weitere neue Schwärme könnten sich von Mitte September an auf den Weg machen und die anstehenden Ernten schwer bedrohen, erklärte die Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Rom. Am stärksten bedroht seien derzeit Senegal, Mauretanien, Mali und Niger, gefährdet seien aber auch der Tschad und der westliche Sudan. Bewohner der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott berichteten, durch den Heuschreckeneinfall habe sich der Himmel über der Stadt verdunkelt. Schatten spendende Bäume seien in Windeseile kahl gefressen worden. (Foto: dpa)
Ein Junge läuft nahe der Stadt Aleg in Mauretanien durch einen Heuschreckenschwarm (Archivfoto vom Sommer 2004). Die schwerste Heuschreckenplage seit 15 Jahren in Afrika droht sich weiter zu verschärfen. Weitere neue Schwärme könnten sich von Mitte September an auf den Weg machen und die anstehenden Ernten schwer bedrohen, erklärte die Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Rom. Am stärksten bedroht seien derzeit Senegal, Mauretanien, Mali und Niger, gefährdet seien aber auch der Tschad und der westliche Sudan. Bewohner der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott berichteten, durch den Heuschreckeneinfall habe sich der Himmel über der Stadt verdunkelt. Schatten spendende Bäume seien in Windeseile kahl gefressen worden. (Foto: dpa) FAO

Dakar/Nairobi/dpa. - Eine Portion gebratener Heuschrecken isteine Delikatesse in Nordafrika. Ein ganzer Schwarm ist eine schlimmeGefahr. Derzeit breitet sich im westlichen Afrika die verheerendsteInsektenplage seit 15 Jahren aus. 100 Millionen Dollar seien nötig,um die Katastrophe in den Griff zu bekommen, meint der Leiter derUN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO), JacquesDiouf. Die in Rom ansässige Organisation, die eigens«Heuschrecken-Vorhersage-Experten» beschäftigt, schlägt seit Wochenakut Alarm. Die gefräßigen Hüpfer vernichten große Teile der Ernte in den bitterarmen Ländern der Sahelzone.

Am meisten betroffen ist Mauretanien. Dort sollen bereits bis zu80 Prozent der Ernte zerstört sein. Etwa eine Million Menschen wirdnach Schätzungen der Regierung Lebensmittelhilfe brauchen. Das kleineLand Gambia hat mittlerweile den nationalen Notstand ausgerufen, dersenegalesische Präsident musste wegen der Heuschreckenkrise seinenSommerurlaub abbrechen. Auch Mali, Niger und Nigeria melden denEinfall der Schädlinge. Experten rechnen damit, dass die Tiere weiternach Westen ziehen und bald auch die sudanesische Krisenregion Darfurerreichen, wo zahlreiche Flüchtlinge ohnehin schon an Hunger leiden.

Eine der gefährlichen Heuschrecken allein sieht harmlos aus. Siewiegt etwa zwei Gramm und kann am Tag genau so viel fressen wie siewiegt. Da ein Schwarm aber bis zu 80 Millionen Tiere umfasst, richtendie Heuschrecken enorme Schäden an. An einem Tag kann ein SchwarmLebensmittel für mehrere Tausend Menschen vernichten. Felder sind inMinutenschnelle abgefressen. In der mauretanischen HauptstadtNouakchott wurden weder die Bäume am Straßenrand noch der Rasen desFußballstadiums verschont.

Doch nicht nur der ungeheure Appetit auf Grünes, sondern auch ihreMobilität und Vermehrungsfähigkeit machen die Insekten zur Gefahr.Ein Schwarm bewegt sich mit dem Wind und legt am Tag bis zu 130Kilometer zurück. Heißes und feuchtes Wetter begünstigt dieBrutbedingungen. Nach Ansicht von Experten wird Ende August eine neueGeneration aus ihren Erdlöchern schlüpfen. Innerhalb von zwölf Wochenkann ein Schwarm sich verzehnfachen.

Die Heuschrecken sind nach ihrer Geburt zunächst grün undflügellos und bewegen sich springend fort - daher der NameGrashüpfer. Abhängig von den Bedingungen ihrer Umwelt wechseln sieFarbe später zu braun, entwickeln Flügel und finden sich zu Schwärmenzusammen. Lange Zeit waren Biologen überzeugt, dass es sich bei dengrünen und braunen Tieren um zwei verschiedene Arten handelt.

Die Bekämpfung der Schädlinge ist nicht einfach. Besonders wirksamist das Versprühen entsprechender Chemikalien aus der Luft. Doch diemeisten afrikanischen Staaten können sich die Bekämpfung mitFlugzeugen nicht leisten. Sie setzen stattdessen auf das Umpflügender Felder, um die im Boden vergrabenen Eier zu zerstören. Mancheverzweifelten Bauern zünden Feuer an oder machen Lärm mitselbst gebastelten Instrumenten aus Dosen und Steinen, um dieSchwärme am Niederlassen zu hindern - eine Technik, die schon in demFilm «Jenseits von Afrika» nicht viel Erfolg gezeigt hat.