Afghanistan Afghanistan: Historische Wahl von Unregelmäßigkeiten überschattet

Kabul/dpa. - Die erste Präsidentenwahl in der GeschichteAfghanistans ist von massiven Unregelmäßigkeiten und Protestenüberschattet worden. 14 der 18 Kandidaten kündigten am Samstag inKabul an, das Wahlergebnis und die künftige Regierung nichtanzuerkennen. «Das ist unsere endgültige Entscheidung», teilten siein einer gemeinsamen Erklärung mit. «Eine neue, faire undtransparente Wahl sollte sobald wie möglich abgehalten werden.» DieWahlbehörde lehnt es nach einer Krisensitzung ab, das Votumabzubrechen und bereits abgegebene Stimmen für ungültig zu erklären.
Insgesamt 18 Kandidaten standen am Samstag zur Wahl. Zwei davonhatten allerdings zur Unterstützung von Übergangspräsident HamidKarsai aufgerufen, der als Favorit gilt. Zu den Unterzeichnern dergemeinsamen Erklärung gehört auch der frühere ErziehungsministerJunus Kanuni, der als chancenreichster Herausforderer Karsaisgehandelt wurde. Die einzige Kandidatin, Masuda Dschalal,unterschrieb die Erklärung nicht. Die von den radikal-islamischenTaliban angedrohten massiven Anschläge blieben bis zum Abend aus.
In vielen Wahllokalen im ganzen Land waren die Daumen von Wählernbei der Stimmabgabe mit Tinte markiert worden, die eigentlich bis zudrei Wochen hätte sichtbar bleiben sollen, tatsächlich jedochabwaschbar war. Die lang haftende Tinte hätte verhindert sollen, dassAfghanen mit mehreren Wahlausweisen mehrfach wählten. Kandidatenkritisierten zudem, Wähler seien zur Wahl Karsais gedrängt worden.Die 14 Kandidaten riefen ihre Anhänger am Samstagmittag zumWahlboykott auf. Auch die Sondergesandten der EU und der UN, FrancescVendrell und Jean Arnault, hatten sie davon nicht abbringen können.
Trotz des Aufrufs kam es nach Angaben der Vereinten Nationen zueiner «beeindruckenden Wahlbeteiligung». Zahlen lagen am Samstagnicht vor. Die Öffnungszeiten von Wahllokalen wurden ausgedehnt. Dieafghanische Wahlbehörde räumte Fehler und «technische Schwierigkeitenein», die aber angesichts des komplexen Wahlkomplexes «unvermeidlich»gewesen seien. Man werde allen Beschwerden nachgehen. Mit einem Stoppder Wahl wäre den Menschen ihr fundamentales Wahlrecht verwehrtworden, hieß es in einer Erklärung.
Ein Sprecher der Internationalen Schutztruppe ISAF sagte, in ganzAfghanistan sei es während der Wahl nur zu vereinzeltenZwischenfällen gekommen. Die hohe Wahlbeteiligung zeige, dass dieMenschen das Umfeld für sicher genug hielten. Die Taliban hattenWähler und Kandidaten mit dem Tode bedroht. Noch am Samstagmorgenhatten sie Raketenangriffe und Anschläge auf Wahllokale angekündigt.
Insgesamt knapp 70 000 internationale und afghanische Soldaten undPolizisten schützten die Wahl. 10,5 Millionen Wahlpapiere wurdenausgegeben, allerdings sollen sich viele Afghanen mehrfachregistriert haben lassen. Die afghanische Wahlbehörde will am 30.Oktober das Endergebnis verkünden. Sollte es zu einer Stichwahlzwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen kommen, solldiese am 20. November stattfinden.
