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Afghanistan Afghanistan: Deutsche kämpfen mit Panzern gegen Taliban

22.07.2009, 06:15
Ein deutscher Marder-Schützenpanzer der schnellen Eingreiftruppe fährt im Marmal-Gebirge bei Masar-i-Scharif während einer Übung durch den Sand. (FOTO: DPA)
Ein deutscher Marder-Schützenpanzer der schnellen Eingreiftruppe fährt im Marmal-Gebirge bei Masar-i-Scharif während einer Übung durch den Sand. (FOTO: DPA) dpa

Berlin/dpa. - Die Bundeswehr kämpft derzeit in ihrer bishergrößten Militäroffensive gegen radikal-islamische Taliban in Nord-Afghanistan und setzt dabei erstmals Panzer und schwere Waffen ein.Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) begründete die Operationvon rund 300 deutschen und 900 afghanischen Sicherheitskräften amMittwoch in Berlin mit der Verschlechterung der Lage im Raum Kundusdurch zunehmende Angriffe und Hinterhalte von Aufständischen. «Wirsind jetzt besonders herausgefordert in Kundus», sagte er.

Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan sagte, Ziel sei, die Lagedort vor der afghanischen Präsidentschaftswahl im August wieder unterKontrolle zu bekommen, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl zugewähren. «Es war jetzt einfach an der Zeit, diese Eskalationvorzunehmen, (...) auch um Abschreckungseffekte zu erzielen.» DieOffensive in einem Radius von 30 Kilometern um Kundus werde noch etwaeine Woche dauern. Das Sicherheitsproblem sei damit aber nichterledigt. «Wir sind jetzt sieben Jahre in Afghanistan. Das ist dasProblem der Asymmeterie. Wir wissen es nicht, wie sich dasentwickelt.»

Die Linke warf Jung vor, er kalkuliere den Tod von immer mehrZivilisten und Soldaten ein. «Frieden in Afghanistan kann nichtherbeigebombt werden», sagte der Abgeordnete Paul Schäfer. Jungwarnte die Linkspartei wiederum davor, den Afghanistan-Einsatz inDeutschland als «Wahlkampf-Munition» zu nutzen. Die Taliban suchtendie Bundeswehr gezielt für Angriffe aus, weil sie um die Wirkung inder deutschen Bevölkerung wüssten. Die Taliban missbrauchten auchKinder als Schutzschilde und hätten keinen Respekt vor Krankenwagen.«Das Rote Kreuz ist für sie eher noch ein Angriffsziel.»

Nach dem «Sorgenbarometer» des Magazins «Stern» wächst inDeutschland die Furcht der Deutschen vor Kriegen mit deutscherBeteiligung. 35 Prozent der Befragten hätten Angst davor - 5Prozentpunkte mehr als bei einer Umfrage im März.

Schneiderhan sagte, neu an dieser Militäroffensive sei das Ausmaß,das es im Norden so noch nicht gegeben habe. Der Einsatz schwererWaffen sei dagegen «keine neue Qualität», da die Truppe dort schonlange über das Kriegsgerät verfüge. Die Militärführer vor Ortentschieden aber, wann, wo und wie die Waffen eingesetzt würden. NachAngaben aus der Bundeswehr werden radikal-islamische Taliban in derRegion aus Pakistan gesteuert und finanziert. Die Taliban sollten nunvertrieben und ihre Führung zerstört werden.

Laut Verteidigungsministeriums kommt auch sogenannteLuftnahunterstützung zum Einsatz, in der Militärsprache «close airsupport» genannt. Das bedeutet, dass die Luftwaffe den Bodentruppenzu Hilfe kommt. Diesmal soll erstmals aus der Luft scharf geschossenworden sein. Die Linke meinte, bedroht seien davon auch Zivilisten,was die Bevölkerung in die Arme der Taliban treibe.

Jung bezeichnete den Einsatz trotz der neuen Offensive nicht alsKrieg: «Wir machen einen Stabilisierungseinsatz und keinen Krieg.»Ziel sei nicht, die westliche Demokratie nach Afghanistan zu tragen.«Dort müssen wir jetzt die Sicherheitslage in den Griff bekommen, umauch weiter Wiederaufbau vorantreiben zu können.» In 360 von 400Distrikten des Landes sei die Lage stabil. Der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei beklagte, in Kundus mache sichder gravierende Fehler bemerkbar, dass hunderte Stellen bei derPolizei gestrichen worden seien. Dadurch hätten sich die Taliban dortfestsetzen können.

Schneiderhan und Jung erklärten, sie sähen keine Notwendigkeit,den Bundestag um eine erneute Ausdehnung des Einsatzes zu bitten. DasMandat erlaube den Einsatz von bis zu 4500 Soldaten und er habe nochSpielraum, sagte Schneiderhan. In der Bundeswehr wird allerdings mitzusätzlichen Aufgaben in Afghanistan gerechnet, was mit derderzeitigen Truppenstärke nicht geleistet werden könnte.

Infokarte zur Bundeswehr-Offensive in Afghanistan. (GRAFIK: DPA)
Infokarte zur Bundeswehr-Offensive in Afghanistan. (GRAFIK: DPA)
dpa-Grafik