Kommentar Adoptionsrecht ist starr und unzeitgemäß - Ein Kommentar

Berlin - Seit mehr als vier Jahrzehnten wurde am Adoptionsrecht nichts geändert. Nach dem Gesetz von 1976 dürfen nur Eheleute ein Kind gemeinsam adoptieren. Daneben existieren die Stiefkindadoption und die Sukzessivadoption. Bei letzterer adoptiert ein Ehepartner ein vom anderen Ehepartner bereits angenommenes Kind später.
Stiefkind- und Sukzessivadoption gelten auch für eingetragene Lebenspartnerschaften. Homosexuelle Paare, die in solch einer Lebenspartnerschaft leben, bleibt daher nur der Weg einer Adoption über Umwege. Ohne Ehe und ohne eingetragene Lebenspartnerschaft kann sogar nur einer ein Kind adoptieren. Gleichberechtigte Elternschaft ausgeschlossen!
Familienformen in den letzten Jahrzehnten verändert
Dieses Adoptionsrecht ist starr und längst nicht mehr zeitgemäß. Die Familienformen haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Ein Trauschein hat für viele Paare kaum mehr Bedeutung. Manche heiraten sogar nur, weil sie sich finanzielle oder rechtliche Vorteile erhoffen - oder aber, weil sie eben ein Kind adoptieren wollen.
Ob eine Ehe auf dieser Grundlage aber mehr Bestand hat, als eine langjährige stabile Partnerschaft ohne Trauschein, kann mit gutem Grund in Frage gestellt werden. Es gibt eine Vielzahl verlässlicherer Möglichkeiten herauszufinden, ob ein Paar eine Beziehung führt, die es ihnen ermöglichen sollte, ein Kind zu adoptieren.
Adoptionsrate drastisch gesunken
Längst ist es Zeit, das Adoptionsrecht unter Berücksichtigung des Kindswohles flexibler zu gestalten - auch für Homosexuelle. So würden vielleicht mehr Kinder ein neues zu Hause finden. Denn die Zahlen sind in den vergangenen Jahren drastisch gesunken: Wurden vor 20 Jahren noch rund 8000 Kinder jährlich adoptiert, sind es jetzt nicht mal mehr halb so viele. Bei den vorgemerkten Adoptionsbewerbungen hat sich die Zahl sogar auf rund 5000 von ehemals 20 000 verringert.
Eine Reform des Gesetzes wurde im Koalitionsvertrag festgeschrieben, passiert ist nichts. Unwahrscheinlich, dass sich das in den nächsten sechs Monaten ändern wird - obwohl einzelne Unions-Politiker das Thema gerade für sich entdecken und der Adoption für homosexuelle Paare „aufgeschlossen“ gegenüber stehen. Das ist ein erster Schritt. Doch hoffentlich wollen sie damit nicht nur einen Kompromiss finden, um sich mit dem Vorstoß weiterhin gegen die Ehe für alle zu sperren.