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Abrüstung Abrüstung: Deutschland will atomwaffenfrei werden

05.04.2010, 09:05

Berlin/dpa. - Werden die Sprengsätze aus Rheinland-Pfalz in die USAabtransportiert, wäre Deutschland atomwaffenfrei.

Offiziell bestätigt hat die Bundesregierung die Existenz deramerikanischen Atomwaffen auf deutschem Boden nie. Doch seitJahrzehnten sind die Bomben mit der zigfachen Sprengkraft derHiroshima-Bombe immer wieder politisches Thema.

In den 1950er Jahren hatten die USA in mehreren Ländern EuropasAtombomben stationiert. In Deutschland sollen damals 150 Bombengelagert worden sein - 130 davon auf dem Luftwaffen-Stützpunkt impfälzischen Ramstein, 20 in Büchel. Die Sprengköpfe in Ramsteinwurden vermutlich im Jahr 2004 abtransportiert. Die US-Waffen inBüchel werden im Rahmen des NATO-Konzepts der nuklearen Teilhabegelagert, mit dem jene Mitgliedsstaaten in einen Einsatz einbezogenwerden können, die selbst über keine Atomwaffen verfügen. Deutschlandstellt die Tornado-Trägerflugzeuge für die Bomben.

Nach Angaben der US-Wissenschaftlervereinigung Federation ofAmerican Scientists aus dem Jahr 2009 hat die Zahl der amerikanischenAtomwaffen in Europa in den vergangenen 40 Jahren drastischabgenommen: Waren es 1971 noch etwa 7300, sollen es inzwischenhöchstens 350 sein.

Noch im Sommer 2008 hielt die damalige große Koalition aus Unionund SPD vor allem auf Druck von CDU/CSU an der nuklearenAbschreckungsstrategie der NATO fest. Wer die Atomwaffen ausDeutschland abziehen wolle, stelle den Kern des NordatlantischenBündnisses in Frage, warnte der damalige Verteidigungs-StaatssekretärThomas Kossendey (CDU).

Die Wende in der Haltung der Bundesregierung kam mit demRegierungswechsel 2009. Der FDP-Chef und heutige Außenminister GuidoWesterwelle hatte schon länger auf einen Abzug der Waffen alswichtiges Abrüstungssignal gepocht. In den Koalitionsverhandlungenwar der Abzug dann einer der sicherheitspolitischen Knackpunkte derFDP. CDU/CSU stimmten letztlich zu, unter zwei Bedingungen: Es dürfekeinen deutschen Alleingang geben, sondern ein abgestimmtes Vorgehenin einem neuen NATO-Konzept. Außerdem müsse auch die andere Seite -sprich: Russland - abrüsten. Zielzeitpunkt für ein Deutschland ohneAtomwaffen ist nun das Ende der Legislaturperiode im Jahr 2013.

Beflügelt sehen sich die Atomwaffengegner in Bundesregierung undBundestag von US-Präsident Barack Obama, der für eine «Welt ohneAtomwaffen» wirbt. Zugleich sind Kanzlerin Angela Merkel (CDU),Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und auchWesterwelle immer wieder bemüht, Bedenken in der NATO an derBündnistreue der Deutschen zu zerstreuen. «Wir wollen hier keineigenständiges Handeln», betonen sie unisono.

Erst vor wenigen Tagen stellte sich der Bundestag in einerungewöhnlichen Aktion hinter die Abzugspläne. Alle Fraktionen mitAusnahme der Linken forderten die Bundesregierung in einemgemeinsamen Antrag auf, sich bei der NATO und der US-Regierung füreinen Abzug einzusetzen. Die Linken stimmten lediglich deshalb nichtzu, weil sie in die Beratungen nicht einbezogen worden waren.

Entscheidend für den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland, dassagt auch Unionsfraktionsvize und CDU-Verteidigungsexperte AndreasSchockenhoff, dürfte der NATO-Gipfel im November in Lissabon sein.Dort soll die neue Strategie des Bündnisses verabschiedet werden.