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Abenteuer Ost-West Abenteuer Ost-West: 25 Jahre deutsch-deutsche Städtepartnerschaften

Von Jörg Fischer 02.06.2011, 08:07
Erich Pohl, ehemaliger Kulturbeigeordneter der Stadt Saarlouis, blättert in seinem Arbeitszimmer in einem Ordner, in dem er Stadtwappen, Urkunden und Zeitungsausschnitte zur Entstehung der Städtepartnerschaft zwischen Saarlouis und Eisenhüttenstadt (Brandenburg) gesammelt hat. (FOTO: DPA)
Erich Pohl, ehemaliger Kulturbeigeordneter der Stadt Saarlouis, blättert in seinem Arbeitszimmer in einem Ordner, in dem er Stadtwappen, Urkunden und Zeitungsausschnitte zur Entstehung der Städtepartnerschaft zwischen Saarlouis und Eisenhüttenstadt (Brandenburg) gesammelt hat. (FOTO: DPA) dpa

Saarlouis/Eisenhüttenstadt/dpa. - «Neun Männer in zwei Autosgen Osten. Es war ein Abenteuer», erinnert sich Erich Pohl ausSaarlouis an die Fahrt hinter den Eisernen Vorhang. InEisenhüttenstadt wurden im Januar 1986 die Vertragsverhandlungen zurersten deutsch-deutschen Städtepartnerschaft aufgenommen, mehr alsacht Monate später die Vereinbarung unterzeichnet. Aber bereits zumStadtfest «Emmes» im Sommer 1986 durften die ersten 52Eisenhüttenstädter nach Saarlouis fahren.

Auch zur «Emmes 2011» sollte am Freitag und Samstag wieder eineAbordnung den 25. Geburtstag der Partnerschaft mitfeiern. Was heuteselbstverständlich ist, glich zu Zeiten des Kalten Krieges in der DDReiner politischen Sensation. Jahrelang hatten sich mehrerewestdeutsche Kommunen um einen «Bürgeraustausch» bemüht. Erst imNovember 1985 gab der im Saarland geborene DDR-Staats- und ParteichefErich Honecker grünes Licht für den ersten Städtepakt - nachdem ihnMinisterpräsident Oskar Lafontaine von der Idee überzeugt hatte.

«Das Problem waren die Politiker. Dabei war alles so harmlos. ÜberPolitik wurde selten geredet, dafür umso mehr über Fußball», erinnertsich Pohl. Als Beigeordneter für Kultur betreute der heute 82-Jährigezahlreiche Delegationen aus Eisenhüttenstadt und besuchte immerwieder die DDR-Retorten-Stadt. Die DDR-Oberen fürchtetenUnterwanderung. Aber auch von den Konservativen von CDU/CSU in Bonngab es Schelte, die DDR wolle die Städtepartnerschaft nur fürPropagandazwecken missbrauchen.

Pohl indes ist davon überzeugt, dass zwar der ein oder andereBonze unter den mehr als 400 DDR-Besuchern war, die zwischen 1986 und1989 nach Saarlouis kamen, die meisten aber «einfach Bürger» waren.Und die DDR-Führung hielt sich zurück - selbst als sich 1987 einDDR-Trommler aus der Delegation in der Saar-Kommune absetzte. DasBeispiel Saarlouis-Eisenhüttenstadt machte Schule. Bis zur Wendewurden fast 60 deutsch-deutsche Städtepartnerschaften angebahnt.

Dass die Mauer schon 1989 fallen würde, hätte sich Pohl damalsnicht träumen lassen - im Gegensatz zu Werner Viertel, der für dieDDR die ersten Vertragsverhandlungen geleitet hatte. Dieser hatteschon bei den Gesprächen im Januar im West-Fernsehen die Visiongeäußert, «dass die Bürger unserer Stadt die Möglichkeit haben, ohneSchwierigkeiten und Komplikationen Saarlouis zu besuchen». Zur Strafedurfte er bei der Vertragsunterzeichnung nicht mehr dabei sein.

Nach der Wende stieg die Zahl der Städtepartnerschaften auf knapp600 an. Vor allem die Kommunen im Osten suchten Rat bei derkomplizierten Wiedervereinigung. Dann wurden die Bande zwischen denStädten in Ost und West zunehmend lockerer. «Die Leute fahren heutelieber ans Meer als an die polnische Grenze», beschreibt Pohl dieVorlieben seiner Mitbürger mit Blick auf die Städtepartnerschaft zuSaint-Nazaire an der französischen Atlantik-Küste. Die Entfernung istmit jeweils rund 900 Kilometern in etwa gleich.

Die Verantwortlichen suchen nun nach Wegen, die Freundschaft neuzu beleben. Eine Achse Eisenhüttenstadt-Saarlouis-Saint-Nazairebesteht bereits. Und die Stadtoberen wollen die Austauschprogrammevor allem für junge Menschen intensivieren. Für Pohl bestehtrückblickend kein Zweifel, dass sich die Anstrengungen so oder sogelohnt haben: «Wir haben neue Freunde gefunden. Jede Begegnung warein Mosaikstein. Das Ende war die Wende. Dann war das Mosaik fertig.»