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9. April 9. April: Opposition erwägt Untersuchung der Vorgänge in Libyen

Von Manfred Rey 07.04.2008, 06:28
Mitglieder des Sondereinsatzkommandos (SEK) der Thüringer Polizei klettern in Gutendorf im Landkreis Weimar bei einer Ausbildungsvorführung auf der Hinderniskampfbahn zur Ausbildung von Spezialeinheiten aus Luken im Boden. (Foto: ddp)
Mitglieder des Sondereinsatzkommandos (SEK) der Thüringer Polizei klettern in Gutendorf im Landkreis Weimar bei einer Ausbildungsvorführung auf der Hinderniskampfbahn zur Ausbildung von Spezialeinheiten aus Luken im Boden. (Foto: ddp) ddp

Berlin/ddp. - In der Affäre um die Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte durch deutsche Spezialisten droht die Opposition mit einem Untersuchungsausschuss. FDP, Grüne und Linke pochten amMontag auf eine «rückhaltlose Aufklärung» der Vorgänge und der Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND).

Der deutsche Auslandsgeheimdienst wusste vermutlich schon seitEnde 2005 von den umstrittenen Schulungen der in Libyen tätigendeutschen Sicherheitsfirma. Der BND-Resident in Tripolis habe - wie auch der Gesandte der deutschen Botschaft - den Firmenchef im November 2005 bei einem Fußballspiel getroffen und danach an die BND-Zentrale in Pullach berichtet, hieß es in Regierungskreisen.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm bekräftigte, Bundesministerienund Bundesbehörden seien zu «keinem Zeitpunkt» an polizeilichenSchulungsmaßnahmen in Libyen beteiligt gewesen. Mit der Affäre wirdsich diese Woche auch der Bundestag in einer Aktuellen Stundebefassen.

Nach einem Bericht der «Leipziger Volkszeitung» hatte der BND-Resident zwischen Dezember 2005 und Sommer 2006 regelmäßig Kontakt zuden Mitarbeitern der Schulungsfirma BDB Protection GmbH. Aus den BND-Gesprächen mit der Firma habe sich «ein ziemlich komplettes Bild» derAusbildungstätigkeit ergeben, schreibt die Zeitung (Dienstag) unterBerufung auf Sicherheitskreise.

Im Sommer 2006 sei dann auf Weisung der Pullacher Zentrale derBND-Resident in Tripolis aufgefordert worden, weitere Kontakte mitden deutschen Sicherheitsausbildern einzustellen. Der BND selbstbekräftigte, er sei in keiner Weise an etwaigen Schulungsmaßnahmen inLibyen beteiligt gewesen. Die Frage, wann und ob der BND über dieTätigkeit der rund 30 Polizisten und eines Soldaten informiert war,soll in dem für die Geheimdienste zuständigen ParlamentarischenKontrollgremium (PKG) geklärt werden.

FDP-Parteichef Guido Westerwelle drohte mit der Einrichtung einesUntersuchungsausschusses. «Wenn die Regierung mauert, werden wir dieAuskunft erzwingen.» Auch für den Linke-Abgeordneten WolfgangNeskovic ist ein Untersuchungsausschusses vorstellbar. «Es ist nichtglaubhaft, dass dem Auslandsgeheimdienst der Bundesregierung das mehrals ein Jahr andauernde Wirken von fast 40 deutschenSicherheitskräften verborgen geblieben sein soll.» Grünen-ChefinClaudia Roth sagte im Sender N24: «Einen BND, der nichts davonmitkriegt, dass deutsche Sicherheitskräfte in Libyen ausbilden, denkann man abschaffen.»

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes unterstrich, dass Libyen«natürlich kein demokratischer Staat» sei. Es dürfe aber auch nichtvergessen werden, dass das Land in den vergangenen Jahren einendramatischen Politikwechsel vollzogen habe, unter anderem die Abkehrvom Terrorismus und den Verzicht auf Massenvernichtungswaffen. Es gabnach Angaben Wilhelms und des Bundesinnenministeriums immer wiederAnfragen aus Tripolis nach einer verstärkten Zusammenarbeit auch imSicherheitsbereich. Sondierungen hätten aber zu keiner praktischenZusammenarbeit geführt.

Das nordrhein-westfälische Innenministerium lässt derzeit dieUrlaubsanträge sämtlicher SEK-Polizisten für die vergangenen Jahreüberprüfen. Eine Ministeriumssprecherin bestätigte entsprechendeInformationen des «Westfalen-Blatts» in Bielefeld. Bei auffallendlangem Urlaub sollen die Beamten nach dem Grund befragt werden.Bislang stehen acht Beamte aus NRW im Verdacht, auf eigene Rechnunglibysche Einsatzkräfte geschult zu haben.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte, Gespräche undeine begrenzte Zusammenarbeit mit Libyen seien vertretbar und imsicherheitspolitischen Interesse Deutschlands. Im Juli 2006 sei eineDelegation des Bundeskriminalamtes (BKA) zu einem Informations- undErfahrungsaustausch nach Tripolis gereist. Es sei aber nicht zu einerkonkreten Kooperation etwa im Bereich der Personenschutzausbildunggekommen.

Regierungssprecher Wilhelm dementierte auch Berichte, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Libyens RevolutionsführerMuammar al-Gaddafi hätten am Rande des EU-Afrika-Gipfel 2003 in Kairoüber deutsche Ausbildungshilfe im Sicherheitsbereich gesprochen.