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29. April 1945 29. April 1945: Das grausige Ende von Mussolini und seiner Geliebten

Von Carola Frentzen 22.04.2005, 07:08
Die Leichen von Benito Mussolini (r), seiner Geliebten Clata Petacci (M) und eines Mitgliedes der italienischen Faschistenpartei hängen kopfüber auf der Piazza Loretto in Mailand (Archivbild). Der ehemalige italienische Diktator war während seiner Flucht vor den Alliierten am 27. April 1945 in der Schweiz von Partisanen gefangengenommen und am 28. April in Giulino di Mezzegra bei Como auf Befehl des Nationalen Befreiungskomitees ohne Gerichtsverfahren hingerichtet worden. Mit ihm zusammen wurden seine Geliebte Clara Petacci und ehemalige führende Mitglieder seiner Regierung erschossen. Die Leichname wurden anschließend nach Mailand gebracht und dort zur Schau gestellt. (Foto: dpa)
Die Leichen von Benito Mussolini (r), seiner Geliebten Clata Petacci (M) und eines Mitgliedes der italienischen Faschistenpartei hängen kopfüber auf der Piazza Loretto in Mailand (Archivbild). Der ehemalige italienische Diktator war während seiner Flucht vor den Alliierten am 27. April 1945 in der Schweiz von Partisanen gefangengenommen und am 28. April in Giulino di Mezzegra bei Como auf Befehl des Nationalen Befreiungskomitees ohne Gerichtsverfahren hingerichtet worden. Mit ihm zusammen wurden seine Geliebte Clara Petacci und ehemalige führende Mitglieder seiner Regierung erschossen. Die Leichname wurden anschließend nach Mailand gebracht und dort zur Schau gestellt. (Foto: dpa) A0009 dpa

Rom/dpa. - Es sind grausige Szenen, die sich am 29. April 1945 inMailand abspielen: Ein Lastwagen bringt die Leichen von BenitoMussolini und seiner Geliebten Clara Petacci vom Comer See in dielombardische Stadt, wo sie auf der Piazzale Loreto abgeladen werden.Die aufgebrachte Menge macht sich über die leblosen Körper her, trittwie wild auf sie ein, bevor sie kopfüber an einer Tankstelleaufgehängt werden. Erst kürzlich tauchte in Italien bisherunveröffentlichtes Filmmaterial auf, 16 historische Minuten, in denenein Kameramann die schockierenden Geschehnisse festhielt. «Jederstirbt, wie es seinem Charakter entspricht», hatte Mussolini auf demHöhepunkt seiner Macht einmal gesagt.

Der Duce, der sein eigenes Volk verachtet hatte, wurde am Endeselbst gehasst. «Die Gebrechen des italienischen Charakters sindOberflächlichkeit, Leichtsinn und der Glaube, dass schon alles gutgehen wird», sagte Mussolini über seine Landsleute. Sie seien «einVolk von Schafen». Jedoch war es der Diktator selbst, der sich biszuletzt blind für die ausweglose militärische Lage Italiens zeigte.

Sein Aufstieg war rasant, ebenso wie sein Untergang: Am 29. Juli1883 in kleinen Verhältnissen im norditalienischen Predappio geboren,wird er bereits 1921 ins Parlament gewählt. Nur ein Jahr späterbildet er nach dem «Marsch auf Rom» seine erste Regierung. Als dieFaschisten 1924 bei den Wahlen 65 Prozent der Stimmen erhalten,beginnt 1925 die Ära des Diktators. «Ich habe den Faschismus nichterschaffen, nur aus dem Unterbewusstsein des Italieners ans Lichtgeholt», erklärt er später einmal.

Bis 1943 hielt der Duce das Zepter trotz Misserfolgen und bittererNiederlagen - wie in Äthiopien, Albanien, Griechenland und Nordafrika- fest in der Hand. Als der Krieg verloren ging, wurde er vomFührungsgremium seiner Partei, dem Faschistischen Großrat, entmachtetund festgenommen. Mussolinis Konzept «Man braucht ein paar HundertTote, um sich an den Tisch der Sieger zu setzen» war nichtaufgegangen.

Zwar wurde er zunächst noch einmal von den Deutschen aus derFestung Gran Sasso in den Abruzzen befreit und als Führer desMarionettenregimes der Italienischen Sozialrepublik (auch: Republikvon Salò) eingesetzt. Aber sein Schicksal war besiegelt: Nach demScheitern der Verhandlungen mit den Partisanen muss Mussolini ausItalien fliehen. Mit einer Wehrmachtsuniform getarnt, versteckt ersich auf einem deutschen Lastwagen, der ihn über die Schweiz nachDeutschland bringen soll. Am Comer See wird er jedoch von Partisanenerkannt, gefangen genommen und einen Tag später, am 28. April 1945,ohne Gerichtsverfahren zusammen mit Clara Petacci erschossen.

Die Waffe, mit der Mussolini und Petacci hingerichtet wurden,sorgte erst kürzlich in Italien für Debatten. Die Maschinenpistole«Mas» vom Kaliber 7,65 ist seit Jahren im nationalen Geschichtsmuseumin Albanien ausgestellt. Erst ein jüngst entdeckter Brief desPartisanenchefs Walter Audisio, in dem dieser die Pistole dem«heldenhaften albanischen Volk als Zeichen meiner tiefen Bewunderung»vermacht, belegt aber die Echtheit der Waffe.

Die Duce-Enkelin Alessandra Mussolini, die heute als Abgeordneteihrer postfaschistischen Partei «Soziale Alternative» imitalienischen Parlament sitzt, kritisierte: «Italien darf keinengeschichtlichen Fetischismus dulden. Mussolinis Hinrichtung bleibtein Mord, ein Verbrechen, das keineswegs gerechtfertigt werden kann.»

Mussolinis Ende war schockierend, ganz und gar öffentlich und fürdie verzweifelten, aufgebrachten Italiener wie ein befreienderRacheakt. Dennoch: In Italien ist er noch allseits präsent, und zwarnicht nur durch die bis heute existierenden monumentalen Bauwerke,die unter seinem Regime entstanden sind, sondern auch in den Köpfender Menschen.

Mittlerweile bezeichnen viele Italiener den Duce als ein OpferHitlers, nicht als dessen Komplizen. Und der heutige italienischeAußenminister Gianfranco Fini von der rechten «Alleanza Nazionale»rühmte ihn noch 1994 als «größten Staatsmann des Jahrhunderts».Mussolini hatte sich geirrt, als er 1943 während seiner Haft auf derInsel Ponza schrieb: «Die Erinnerung an mich wird in einigen Jahrenausgelöscht sein.»