23. Mai 23. Mai: UN erteilen Vollmacht für Wiederaufbau im Irak

New York/dpa. - Die USA und Großbritannien haben alsSiegermächte im Irakkrieg vom Weltsicherheitsrat die Vollmacht füreine umfassende Neugestaltung des Landes erhalten. Zugleich beschlossder Sicherheitsrat am Donnerstag mit einer in Washington formuliertenumfangreichen Resolution die sofortige Aufhebung allerwirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen gegen das Nahost-Land.14 der 15 Mitgliedstaaten stimmten mit Ja. Syrien nahm an dem Votumnicht teil.
Die UN gaben den USA und Großbritannien damit grünes Licht für dieVerwaltung und den Wiederaubau des Iraks sowie die Bildung einerÜbergangsadministration mit der Zielvorgabe, die Geschicke des Landesspäter in die Hand einer demokratisch legitimierten Regierung zulegen. Acht Wochen nach dem Beginn des Krieges, mit dem das Saddam-Hussein gestürzt wurde, erhielten die Siegermächte zugleich dasMandat, die Einnahmen aus dem Verkauf irakischen Erdöls für denWiederaufbau zu verwenden und entsprechende Aufträge zu vergeben.
Regierungsvertreter Syriens - des einzigen arabischen Landes imSicherheitsrat - hatten vor der Abstimmung erklärt, die Irak-Resolution komme den Wünschen der Besatzer zu weit entgegen.
US-Botschafter John Negroponte erklärte, mit der Resolution seieine tragfähige Grundlage für den Wiederaufbau des Iraks und dieSchaffung einer legitimen Regierung gelegt worden. Den UN sei dabeieine wichtige Rolle übertragen worden. Die Mittel aus dem Ölexportwürden über den nun beschlossenen Irak-Entwicklungsfonds zum Wohleder irakischen Bevölkerung verwendet werden.
Deutlschands UN-Vertreter Gunter Pleuger bezeichnete dieResolution als einen «Kompromiss, der nach intensiven Verhandlungenerreicht wurde». Der Beschluss erfülle nicht alle Wünsche allerSeiten, sagte er. Dennoch handele es sich «vor allem um eineResolution für das Volk des Irak». Vor ihm liege jetzt die«Perspektive des Aufbaus einer demokratischen und stabilen Regierung,des Friedens mit sich selbst und seinen regionalen Nachbarn alsrespektiertes Mitglied der Familie der Nationen». Ähnlich äußertensich die Vertreter Frankreichs und Russlands.
US-Außenminister Colin Powell sagte: «Das ist ein wunderbarer Tagfür das irakische Volk.» Damit werde ein Strom an Finanzmitteln fürdie Iraker frei. Die Resolution werde auch zeigen, «dass dieVereinten Nationen eine vitale Rolle zu spielen haben».
Im Ergebnis zäher Verhandlungen zwischen Frankreich und Russlandauf der einen und den USA und Großbritannien auf der anderen Seitemuss der Sicherheitsrat künftig durch die Besatzungsmächte sowiedurch UN-Generalsekretär Kofi Annan über die weitere Entwicklung imIrak informiert werden. Annan soll sobald wie möglich einenSonderbeauftragten für den Irak ernennen. Dieser soll demSicherheitsrat berichten, hat aber keinerlei Weisungsbefugnisgegenüber den Besatzungsmächten.
Der Sicherheitsrat kann nun innerhalb eines Jahres die Umsetzungder Resolution überprüfen. Allerdings können die UN nicht ohneZustimmung der Besatzungsmächte, die zugleich Veto-Mächte imSicherheitsrat sind, eine Beendigung des Nachkriegsregimesbeschließen.
Einen konkreten Zeitrahmen dafür enthält die Resolution nicht. AlsHauptkriterium wird die Arbeitsaufnahme einer legitimen undinternational anerkannten Regierung genannt. Das könne durchaus 24Monate dauern, erklärte der britische UN-Botschafter Sir JeremyGreenstock. Der Irak-Entwicklungsfonds soll durch einen Beraterstabüberprüft werden, dem neben Vertretern der Weltbank, desInternationalen Währungsfonds und dem Arabischen Entwicklungsfondsauch UN-Gesandte angehören werden.
Russland und Frankreich erreichten, dass die UN-Waffeninspekteure,von denen im ersten Entwurf der Resolution keine Rede war, mit derFrage der irakischen Massenvernichtungswaffen befasst bleiben. DieUN-Kontrollkommission UNMOVIC bleibt bestehen und wird weiterhin ausirakischen Öleinnahmen finanziert.
Allerdings konnten Moskau und Paris nicht die Vorstellungdurchsetzen, dass die UNMOVIC die Nichtexistenz irakischer Beständean Massenvernichtungswaffen ausdrücklich verifizieren muss. Dies wareinst vom Sicherheitsrat zur Bedingungen für die Aufhebung der Irak-Sanktionen gemacht worden. Der Rat hatte sie vor 13 Jahren nach demirakischen Überfall auf Kuwait verhängt.


