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110 Kilo Uran in Tansania gefunden

Von Antje Passenheim 15.11.2002, 13:11

Nairobi/dpa. - Der Fund von 110 Kilo geschmuggelten Rohurans in Tansania bestärkt alte Befürchtungen: Die chaotischen Strukturen vieler Länder Afrikas machen den Kontinent zum Einkaufsparadies für Machthaber und Terroristen. Erst im September warnte der britische Premierminister Tony Blair in einem Dossier gegen Saddam Hussein, der irakische Machthaber könnte mit Uran aus Afrika an Atomwaffen basteln. Auch tansanische Ermittler schließen jetzt einen terroristischen Hintergrund des Schmuggels nicht aus.

Die Spur des gelben Pulvers führt offenbar in das benachbarte Bürgerkriegsland Kongo. Es wäre nicht der erste Verdacht, dass von hier Uran in den Irak geschmuggelt wird. Im November 2001 bezichtigte die italienische Tageszeitung «La Republica» einen ehemaligen Beamten des Ex-Herrschers von Zaire (heute Kongo), Mobutu Sese Seko, des Handels mit dem Erz. Er soll versucht haben, zehn Kilogramm Uran in Plastikflaschen über Belgien, Italien und Libyen nach Irak und Nordkorea zu schmuggeln.

Schon viel früher bezogen allerdings auch die USA waffentaugliches Uran aus der damaligen belgischen Kolonie: Tonnen kongolesischen Urans wurden 1945 von den Minen von Chinkolobwe in der Katanga- Provinz nach Amerika verschifft. Sie landeten in den Atombomben von Hiroshima und Nagasaki. Die Minen in der Region der Bergbaustadt Likasi blieben auch später für Ausländer attraktiv: Noch zu Zeiten Laurent Kabilas, des ermordeten Vaters des heutigen kongolesischen Präsidenten, hielten sich dort vor gut zwei Jahren nach Geheimdienstkenntnissen rund 550 Ingenieure und Atomexperten aus Nordkorea auf, um die inzwischen gefluteten Stollen wieder nutzbar zu machen.

«Kongo gehört seit 1955, lange vor seiner Unabhängigkeit, nicht mehr zu den Uran-Lieferanten und ist Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags», sagte der belgische Ökonom Hugues Leclerq dem Magazin «New African» (Ausgabe 412/November 2002). «Selbst wenn Schmuggler dort nach wie vor Uran finden, werden sie es schwer verkaufen können», meint der Professor der Römisch-Katholischen Universität von Louvain. Er bewertet die Vorwürfe gegen Afrika im Blair-Doissier als «pure Fantasie».

In der Hauptstadt Kinshasa jedenfalls steht noch immer ein Forschungsreaktor des so genannten «Regionalen Zentrums für Nuklearstudien». Nach Informationen der Internationalen Atomenergie- Behörde (IAEA) in Wien verschwand daraus erst kürzlich ein Brennstab spurlos. US-Diplomaten befürchteten, er könnte Terroristen in die Hände gefallen sein.

Auch die Zentralafrikanische Republik geriet ins Fadenkreuz der US-Fahnder: Verdacht erregen die außerordentlich guten Beziehungen zum libyschen Revolutionsführer Muammar el Gaddafi. Er eilte dem angeschlagenen Präsidenten Ange-Felix Patassé nach einem versuchten Putsch im Mai 2001 mit Soldaten zu Hilfe - und blieb gleich da. Patassé vergütet den Schutz reichlich: Im Juni schloss er in Tripolis mit Gaddafi einen Vertrag, der diesem auf 99 Jahre die Ausbeutung der Bodenschätze seines Landes garantiert. Unter anderem werden dort große Uranvorkommen vermutet.