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1.Mai1.Mai: Mit Feuerwerk und Steinen gegen Polizisten

01.05.2008, 14:56

Berlin/Hamburg/Nürnberg/dpa. - In der Hansestadt flammten am Abend erneut Krawalle auf,als Linksautonome nach Angaben von Augenzeugen Polizisten mitFeuerwerkskörpern und Steinen angriffen. Auch in Berlin, wo es in denvergangenen Jahren rund um den 1. Mai immer wieder schwereAusschreitungen linker Gruppen gegeben hatte, kam es nach einemweitgehend friedlichen Feiertag am Abend doch noch zu denbefürchteten Gewaltausbrüchen im Stadtteil Kreuzberg. Autonomegriffen Polizeipräsident Dieter Glietsch an, der von Beamten inSicherheit gebracht werden musste.

Bei den Krawallen am Nachmittag in Hamburg nahm die Polizei rund250 Randalierer fest oder in Gewahrsam. Mehr als 20 der rund 2500eingesetzten Polizisten aus mehreren Bundesländern seien verletztworden, hieß es am Abend in einer vorläufigen Bilanz derEinsatzkräfte. Immer wieder seien die Beamten von Gewalttätern ausdem linken Spektrum mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfenworden. Außerdem setzten die Randalierer ein Polizeifahrzeug undsechs Privatautos in Brand. Auch ein Reifenlager ging in Flammen auf.

Zu dem Protest gegen eine rechtsextreme Demonstration imArbeiterviertel Barmbek hatten sich nach Angaben der Veranstalteretwa 10 000 Teilnehmer versammelt, die Zahl der Rechtsextremen wurdezuletzt auf rund 1500 geschätzt. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein,um der Demonstration der NPD und anderen Rechtsextremisten den Weg zubahnen.

Weitgehend friedlich, aber in aufgeheizter Stimmung demonstriertenin Nürnberg knapp 10 000 Menschen gegen die zentrale Mai-Kundgebungder rechtsextremen NPD. Bei ihrem mehrstündigen Zug wurden die etwa1500 Rechten mit Pfeifkonzerten und Buhrufen empfangen. Bei einerNPD-Abschlusskundgebung warfen Gegendemonstranten vereinzelt Eier,Flaschen und Milchtüten auf die Extremisten. Mehrere Linke wurden beiSchlagstockeinsätzen der Polizei leicht verletzt, wie eineMitarbeiterin der Deutschen Presse-Agentur dpa beobachtete. Diezumeist schwarz gekleideten Demonstranten hatten versucht, diePolizeikette zu durchbrechen, um den NPD-Aufmarsch zu stoppen. DieNürnberger Polizei sprach von vier verletzten Beamten.

In Berlin mussten Polizisten ihren Behördenchef Glietsch nacheiner Attacke von Autonomen in einen Mannschaftswagen bringen, derdann ebenfalls mit Flaschen, Stühlen und Steinen angegriffen wurde.Bis Mitternacht flammte die Gewalt am Rande der friedlichenStraßenparty «Myfest» in Kreuzberg immer wieder auf. GewalttätigeStörer warfen Altglascontainer um und schleudertenSteine und Feuerwerkskörper gegen Polizisten. Dabei standen schwarzgekleidete Linksautonome den Beamten gegenüber. Die Polizei sprachgegen Mitternacht dennoch von einem relativ friedlichen 1. Mai. «Wirhaben die Lage im Griff», sagte ein Sprecher. Zur Zahl der Festnahmenund Verletzten gab es zunächst noch keine Angaben.

Mehrere tausend Mitglieder der linken Szene waren am Abend mitroten Fahnen unter dem Motto «Zusammen kämpfen gegen Kapital undKrieg» durch Kreuzberg gezogen. Dabei kam es gegen Ende des Aufzugszu Gewalttätigkeiten. Die Polizei ging gezielt vor und holteneinzelne Störer aus der Menge.

Die diesjährige Walpurgisnacht war in Berlin trotz einigerZwischenfälle weitgehend störungsfrei verlaufen. Laut Polizei war esin der Hauptstadt die friedlichste Nacht zum 1. Mai seit 14 Jahren.Es wurden 24 Randalierer festgenommen - im Vorjahr waren es nochknapp 120 gewesen. 13 Beamte wurden in der Nacht zum Donnerstagverletzt. Ein Polizist kam ins Krankenhaus.

In Hamburg mussten die NPD-Anhänger am Nachmittag von ihrerursprünglich vorgesehenen Route abweichen, da diese vonGegendemonstranten besetzt worden war. Am Vorabend hatte die Polizeiim linken Szeneviertel an der Sternschanze im Zusammenhang mitSteinwürfen auf Beamte vier Menschen in Gewahrsam genommen.

Angesichts der Aufmärsche von Rechtsextremen am 1. Mai fordertenSPD und Gewerkschaften erneut ein Verbot der NPD. Der Vorsitzende desDeutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, sagte bei derzentralen Mai-Kundgebung in Mainz: «Es ist nicht hinnehmbar, dassJustiz und Verwaltungen nicht in der Lage sind, Nazi-Provokationen anunserem 1. Mai zu verhindern.» SPD-Chef Kurt Beck erklärte: «Alt- undNeonazis darf kein Raum für ihre menschenverachtende Ideologiegelassen werden.» Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU),der in seiner Heimatstadt Nürnberg mit tausenden Bürgern gegen dieNPD protestierte, bekräftigte die Entschlossenheit seinerLandesregierung bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus.

Bei einer Demonstration der rechtsgerichteten Gruppierung«Bürgerinitiative für soziale Gerechtigkeit» wurden am Donnerstag inNeustadt an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz) laut Polizei 28 Menschenaus der rechten und der linken Szene festgenommen. Etwa 300 Anhängerder als NPD-nah geltenden Organisation waren durch die Innenstadtgezogen. Bei einer Gegendemonstration von rund 600 Menschen kam es zuAusschreitungen.