Politik und Moral Politik und Moral: Ernst Welteke braucht mehr Geld

Frankfurt/Main/dpa. - Ernst Welteke war der angesehene «Mister Euro», der als oberster Notenbanker der Deutschen Bundesbank den Übergang von der D-Mark zum Euro-Bargeld begleitete. Genau diese Silvesternacht 2001/2002 ließ Welteke aber über die «Adlon-Affäre»stolpern, weil er samt Familie auf Kosten der Dresdner Bank gratis im Luxushotel Adlon übernachtete - inklusive Zimmerservice, Bügeldienst, Minibar und Kaviar für 7661,20 Euro. Seitdem wird Welteke in der Öffentlichkeit als Beispiel für Maßlosigkeit hoch bezahlter Beamter und Manager wahrgenommen. Die «Welteke-Affäre» wurde als Symbol für den Niedergang der Moral gesehen - wie das Victory-Zeichen des Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann im Mannesmann-Prozess.
Mit seinen Klagen auf Verdreifachung seiner Pension von etwa 8000Euro hat der ehemalige Spitzenbeamte sich wieder in die Schlagzeilengebracht. «Ich weiß nicht, warum ich das Passepartout für dieNeiddebatte in Deutschland abgeben soll», widersprach Welteke beimGerichtstermin am Montag solchen Vorwürfen. Das VerwaltungsgerichtFrankfurt sprach dem Ex-Notenbankpräsidenten aber nur eine Summe vonschätzungsweise knapp 13 000 Euro zu.
Dem 64-jährigen Welteke reicht das Geld nicht. «Mir ist wohlbewusst, dass meine Pension höher ist als bei vielen anderen, die ihrLeben lang gearbeitet haben», räumte Welteke vor Gericht ein. AlsSPD-Mitglied und Gewerkschafter wisse er dies genau. Entscheidend seiaber der Vergleich zwischen Pension und dem Gehalt während deraktiven Arbeitszeit. «Jeder weiß, dass man mit 33 Prozent seinenbisherigen Lebensstandard nicht aufrecht halten kann.» Welteke galtin seinem Amt früher als der höchstbezahlte Beamte Deutschlands, dermit rund 300 000 Euro Jahresgehalt noch mehr als der Bundeskanzlerverdiente.
In einem Interview kurz nach seinem Rücktritt hatte Weltekegesagt, er unterstütze seine erste Frau und seine Söhne finanziellbeim Studium. «Mein soziales Engagement und meine Spenden muss ichnicht verstecken, ich bin auch ehrenamtlich tätig», verteidigteWelteke sich vor Gericht. Dieses Verfahren sei für seine Familie undfür ihn «unglaublich belastend», die Charakterisierung seiner Personin den Medien unzutreffend. Der Vorsitzende Richter Torsten vonRoetteken stoppte Welteke in seinem Redefluss mit den Worten: «Dasist keine Tribüne hier, bitte sprechen Sie zur Sache.»
Die Richter folgten Weltekes Argumentation nur teilweise. DieKlage gegen das Land Hessen wiesen sie ganz ab. Richter von Roettekenwies Welteke im Prozess eine Mitschuld zu. In seinem Vertrag mit derBundesbank habe gestanden, dass seine Abgeordnetenzeit für dasRuhegehalt nicht angerechnet werde. «Warum haben Sie den Vertragnicht besser ausgehandelt?», fragte der Richter. «Damals war ich 52Jahre alt und bekam einen Acht-Jahres-Vertrag - sollte ich da nachRuhegehaltsansprüchen fragen?», antwortete der studierte VolkswirtWelteke. Und fügte hinzu: «Hätte ich das gewusst, hätte ich darüberverhandelt.»
Der ehemalige hessische Abgeordnete und hessische FinanzministerWelteke wies daraufhin, dass er selbst das Abgeordnetengesetz mitverabschiedet habe - dem er nun zum Opfer fällt. Laut Gesetz erhaltenVolksvertreter keine Versorgungsleistungen mehr, wenn sie anderweitigausreichend abgesichert sind. Das Ziel damals sei gewesen, paralleleAnwartschaften auf Pensionen und damit zu hohe Pensionen zuvermeiden. «Der Gesetzgeber kann aber nicht gewollt haben, dassjemand, der 34 Jahre lang gearbeitet hat, für die Hälfte seinerArbeitszeit keine Pension bezieht», klagte der 64-Jährige. «Wie sollman da noch junge Leute für politische Ämter motivieren?»
Der Richter war da anderer Ansicht. «Der Gesetzgeber meint, mit4680 Euro monatlich sei die Höchstgrenze erreicht. Das ist einfinanzieller Deckel getreu dem Alimentationsprinzip», unterstrich vonRoetteken. Sollte der Richterspruch rechtskräftig werden, würdeWelteke noch weiter als bislang über dieser Marke liegen.