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Polen Polen: Seit E10-Einführung boomt «Tanktourismus»

Von Jörg Schreiber 23.03.2011, 13:13
Ein Tankrüssel wirdvor eine Zapfsäule mit Super E10 gehalten (FOTO: DPA)
Ein Tankrüssel wirdvor eine Zapfsäule mit Super E10 gehalten (FOTO: DPA) dpa

Slubice/Frankfurt (Oder)/dapd. - Vor den zwölf Zapfsäulen stehenausschließlich Autos mit deutschen Nummernschildern, immer wiederbilden sich Schlangen. «Ich fahre von Zeit zu Zeit nach Polen, wennich einen Ausflug mache», sagt Jens Bosecker aus dem 100 Kilometerentfernten Berlin. Bei der Gelegenheit tanke er auch gleich. «EineFahrt von Berlin her nur zum Tanken lohnt sich nicht, aber wenn manZigaretten und andere Dinge kauft, geht es», gibt der 47-Jährigeseine Erfahrungen wieder.

Die wieder etwas größeren Preisunterschiede zu deutschenTankstellen und die Verunsicherung wegen des Biosprits E10 haben dem«Tanktourismus» an die polnischen Zapfsäulen ganz offensichtlicheinen weiteren Schub gegeben. Im Verkaufsraum der Tankstelle sinddie Preise gleich in Euro angeschlagen: Knapp 1,28 Euro kosten hiersowohl der Liter Diesel als auch Super. Er spare im Schnitt 20 Centpro Liter Diesel, sagt ein Audi-Fahrer aus Frankfurt. Bei Super, daswestlich der Oder rund 1,60 Euro kostet, sind es noch mehr.

Autofahrer schimpfen über E10

Einige der tankenden Autofahrer schimpfen über E10. Da werde derBevölkerung etwas aufgedrängt, und keiner wolle die Verantwortungübernehmen, klagt ein Mann aus Frankfurt. «Wir tanken immer in Polen- unser Fahrzeug verträgt kein E10», sagt ein Renault-Fahrer ausMärkisch-Oderland an der Zapfsäule nebenan.

Man spüre eine Unsicherheit, welche Folgen E10 für den Motorhaben könnte, bestätigt Katarzyna Guzenda von der Deutsch-PolnischenVerbraucherinformation in Frankfurt (Oder). Manche Kraftfahrerfänden es daher sicherer, in Polen zu tanken. Dort werde nurherkömmlicher Kraftstoff angeboten.

Ob dadurch mehr Tankkunden als früher über die Grenze kämen, seischwer zu sagen, sagt eine Angestellte im Slubicer Aral-Shop.Eigentlich sei es immer voll. In der Kleinstadt gibt es über zehnTankstellen, die überwiegend von deutschen Autofahrern genutztwerden. Die Preise liegen überall um die fünf Zloty pro Liter Superoder Diesel (etwa 1,25 Euro).

Zwar verteuerte sich Kraftstoff in den vergangenen Jahren auch inPolen, zudem wurde dort die Mehrwertsteuer um ein Prozent angehoben.Doch dank des wieder gestiegenen Euro-Kurses lohnt das Tanken inPolen noch immer. Derzeit zahlen die Wechselstuben 4,02 Zloty füreinen Euro, vor Wochen waren es weniger als 3,90 Zloty.

An der «Orlen»-Tankstelle einige Kreuzungen weiter überrascht einAufsteller mit der Aufschrift «Bio 100». «Das ist Diesel», beruhigtder Tankwart. Der auf Grundlage von Rapsöl hergestellte Biodieselwird mit 4,29 Zloty deutlich günstiger als herkömmlicherDieselkraftstoff angeboten. Der Tankwart berichtet: «Es kommen nichtmehr Deutsche als sonst zum Tanken, aber die kommen, fragen nach, obim Benzin Bio drin ist. Wenn wir Nein sagen, dann tanken sie.»

Zucker in Polen doppelt so teuer wie hierzulande

Während Deutsche hauptsächlich wegen Kraftstoff und Zigarettenüber die Grenze fahren, schauen sich Polen in Deutschland nachKleidung und Elektronik um. Für Aufregung sorgt zudem ein starkerAnstieg des Zuckerpreises in Polen: In Frankfurt ist zu beobachten,wie ganze Einkaufswagenladungen mit Zucker-Tüten und Süßigkeiten inpolnische Autos gepackt werden. Zucker sei in Polen derzeit etwadoppelt so teuer wie in Deutschland, sagt Guzenda. Ursache sei, dassPolen wegen der EU-Quoten weniger Zucker produziere als esverbrauche und deshalb importieren müsse. Die Weltmarktpreise seienaber gestiegen.

Tatsächlich kostet ein Kilogramm Zucker im Lidl-Markt in Slubicemit umgerechnet 1,22 Euro fast zweimal so viel wie bei dem gleichenDiscounter in Frankfurt. Viele Supermärkte reagierten und geben nurfünf oder zehn Packungen ab. Engpässe gebe es nicht, heißt es etwain einem großen Einkaufscenter in Frankfurt. Es sei genügend Zuckervorhanden.

Vor dem Eingang des Centers stopfen zwei Männer aus der Nähe vonPoznan (Posen) neben Zuckerpackungen mehrere Kartons vollWaschmittel in ihren Transporter. Die seien nicht unbedingt billigerals in Polen, aber von der Qualität her besser, lässt einer derMänner durchblicken, dass der Preis nicht alles sei.