Plauener Spitze Plauener Spitze: «Wir wollen weg vom Oma-Image»

Plauen/dpa. - Das weiße Spitzendeckchen, auf dem dieKaffeetassen abgestellt werden, ist der Inbegriff einer Marke, derdie größte Stadt im Vogtland ihren Namen gegeben hat - und durch diediese Stadt immer wieder in den Fokus der Wahrnehmung rückt. Nichtumsonst lautet das Stadtmotto «echt spitze»: «Die Plauener Spitze hatPlauen einst weltbekannt gemacht», sagt Oberbürgermeister RalfOberdörfer (FDP). «Wir wollen diesen Vorteil auch in der Zukunftnutzen.» Auch darum feiert die 67 000-Einwohner-Stadt noch bis zudiesem Sonntag das traditionelle Spitzenfest, mittlerweile bereitszum 50. Mal.
Doch so sehr die Plauener ihre Spitze derzeit auch feiern, dieBranche befindet sich im Umbruch. Einen möglichen Weg weist derBranchenverband Plauener Spitze und Stickereien - die Zukunft heißt technische Textilien. Die Wirtschaftskrise nötigt die 20mittelständischen Familienbetriebe mit ihren rund 600 Mitarbeiterngeradezu zu diesem Schritt. «High Stick» lautet das Zauberwort fürPeter Werkstätter, Vorstandsmitglied im Branchenverband, und seineKollegen. «Allein der Schmuckeffekt ist perspektivisch in Europanicht ausreichend», sagt er. Das Ziel sind «Innovationen imtechnischen Bereich unter Nutzung der Spitzenstickerei», erklärt er.
So arbeiten die Sticker etwa an Lamellen, die ihre Farbe wechseln.Aber auch Rotorflügel und Propeller werden mit Plauener Spitzeausgerüstet. Die Umstellung auf die Technik ist nicht schwer: Dieherkömmlichen Stickmaschinen reichen aus, nur kleinereModifizierungen sind vonnöten. Und damit muss sich auch das Personalnicht umstellen. Fachkräfte dafür gibt es reichlich - noch. «Da musswas passieren, sonst haben wir wirklich einen Notstand», sagtWerkstätter. Im vergangenen Jahr konnten nur 90 Prozent derLehrstellen besetzt werden, es mangele an geeigneten Bewerbern.
Fragt man Heike Peter, mangelt es der Plauener Spitze nicht nur anFachkräften, sondern vor allem an der richtigen Werbung. «Ich schätzeden Begriff "Plauener Spitze", aber er hat gelitten», sagt Peter, diein Mühltroff, der westlichsten und zugleich kleinsten Stadt Sachsens,die Weißfee GmbH leitet und dort eigene Stickereien herstellt. Sieist stolz darauf, eine eigene Marke kreiert zu haben und verwendetden bekannten Sammelbegriff nicht. Die Firmenchefin verweist auf dasMeissener Porzellan, das jeder Mensch mit Luxus verbinde. «Spitzegibt es seit mehr als 100 Jahren, sie muss endlich das angestaubteImage wegbekommen», sagt sie.
In Plauen und Umgebung denken die Spitzenbetriebe ähnlich, siewollen weg vom Kaffekränzchen-Bild. «Wir arbeiten schon lange daran,das zu ändern», sagt etwa Kati Reuter von der Stickerei Reuter inAuerbach. Die 27-jährige, die in der elterlichen Firma mitarbeitet,will moderne und klassische Stickerei kombinieren - eleganteVerzierungen: ja, aber eben auch transparente Stoffe und moderneFarben.
Und die junge Frau hat noch einen Trumpf in der Hinterhand: ImRahmen ihrer Diplomarbeit hat sie die sogenannte Schneeballspitzewiederentdeckt - Kugeln, die bereits vor rund 100 Jahren mitMaschinen auf Kleider gestickt wurden. In der Zwischenzeit war dasWissen darum verloren gegangen, im Selbstversuch hat Kati Reuter dasRätsel gelöst.